Weltmärkte : Coronavirus schwächt Chinas Industrie empfindlich

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© BASF SE

Leere Kinosäle, geschlossene Sehenswürdigkeiten, gestrichene Zugverbindungen, eine ganze Provinz unter Quarantäne: Die drastischen Maßnahmen, die China ergriffen hat, um das tödliche Coronavirus einzudämmen, drohen der ohnehin geschwächten Wirtschaft einen Dämpfer zu verpassen.

Das neuartige Virus hat die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt zum ungünstigsten Zeitpunkt erwischt, als hunderte Millionen Menschen zum Neujahrsfest ausschwärmten.

Chinas Wirtschaft wuchs 2019 so langsam wie seit drei Jahrzehnten nicht mehr - der Handelsstreit mit den USA traf auf eine schon schwache Binnenkonjunktur. Die Zahlen für das letzte Quartal deuteten dann auf eine gewisse Stabilität hin, und das Teilabkommen mit den USA gab Anlass zu Hoffnung.

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Doch für Julian Evans-Pritchard von Capital Economics besteht "kein Zweifel", dass der Ausbruch des Coronavirus, an dem bereits mehr als 130 Menschen starben, der Wirtschaft einen neuen Schlag versetzen wird - allem voran dem Verkehrssektor sowie dem Lebensmittel- und Einzelhandel.

Mit der Verlängerung der landesweiten Ferien zum chinesischen Neujahr um drei Tage beginnt die Arbeit erst am kommenden Montag wieder. Einige Unternehmen forderten ihre Angestellten bereits auf, wegzubleiben oder von zu Hause aus zu arbeiten, darunter der IT-Gigant Tencent, der seinen Mitarbeitern bis 10. Februar Heimarbeit verordnete.

Die Zentralregierung hat alle nationalen und internationalen Gruppenreisen abgesagt, ein Schritt, der erhebliche Auswirkungen auf die Tourismusbranche haben wird, die elf Prozent von Chinas Bruttoinlandsprodukt (BIP) ausmacht.

Am Dienstag empfahl die Regierung allen Chinesen, Pläne für Auslandsreisen zu vertagen, "um die Gesundheit von chinesischen und ausländischen Menschen zu schützen" - schlechte Nachrichten für die nationalen Fluggesellschaften, aber auch für die Zielländer. "Unser Geschäft ist abrupt zum Stillstand gekommen, es wird einen enormen Gewinnausfall geben", sagt etwa Pierre Shi von der Chinesischen Vereinigung der Reisebüros in Frankreich.

In China brach der Bahn- und Flugverkehr am ersten Tag des Neujahrsfestes laut Verkehrsministerium um mehr als 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahrestag ein. Hunderte Hochgeschwindigkeitszüge - beliebtes Fortbewegungsmittel in dem riesigen Land - wurden bis 9. Februar gestoppt. Immer mehr internationale Airlines setzen ihre Flüge nach China aus.

Auch die Filmbranche ist betroffen. Am chinesischen Silvesterabend erzielten die Kinos nur ein Zehntel der Einnahmen des Vorjahrestages, weil die Menschen vor vollbesetzten Kinosälen zurückschrecken. Sieben große Filmpremieren wurden verschoben.

Experten von S&P zufolge trug der Konsum in China 2019 rund 3,5 Prozentpunkte zur Wachstumsrate bei. Sie warnen, dass ein zehnprozentiger Rückgang beim Konsum das Bruttoinlandsprodukt um rund 1,2 Prozentpunkte verringern könnte.

Am stärksten trifft der Stillstand die Provinz Hubei - das Epizentrum der Epidemie - in der Bahnhöfe geschlossen, Veranstaltungen abgesagt, Theater, Büchereien und Karaoke-Bars geschlossen wurden.

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Langfristigere Auswirkungen könnten die Maßnahmen für die Industrie haben. Die Provinzhauptstadt Wuhan mit ihren elf Millionen Einwohnern ist ein wichtiges Drehkreuz und Produktionszentrum der Stahl- und Autoindustrie - und wurde vergangene Woche bis auf Weiteres unter Quarantäne gestellt.

"Wenn die Schließungen über die Neujahrsferien hinweg andauern, wird das die Industrieproduktion in Mitleidenschaft ziehen, einen der wichtigsten Wachstumstreiber", sagt Raymond Yeung von ANZ Research. Mehrere ausländische Autokonzerne, darunter General Motors und Renault, produzieren mit chinesischen Joint Ventures Fahrzeuge in Wuhan. Auch deutsche Unternehmen wie Bayer haben dort Niederlassungen. (afp/apa/red)