Compliance: Der verwaltete Anstand
Jede Essenseinladung und jeder verschenkte Kugelschreiber kann heute von Compliance-Beauftragen als Schritt in die Korruption gesehen werden. Eine Kontrollmaschinerie verwaltet den Anstand und zwingt Unternehmen eine Checklisten-Bürokratie auf, die teuer und ineffizient ist. Doch der Widerstand gegen die Scheinmoral der Sittenwächter mehrt sich. Von Piotr Dobrowolski
Füttern ja – anfüttern keinesfalls. Die Überraschung war groß, als im Dezember die Einladung zu Christian Konrads traditionellem Sauschädelessen durch die Republik flatterte. Seit zwanzig Jahren versammelt der ehemalige Raiffeisen-General am ersten Werktag nach den Heiligen Drei Königen die Wirtschafts- und Politikelite des Landes zum geselligen Beisammensein.
Zum ersten Mal fand sich heuer ein Satz auf dem Kärtchen, der von zwei Strafrechtlern ausgetüftelt wurde: „Von jedem Teilnehmer wird ein den Kosten des Empfangs entsprechender Betrag von 30 Euro eingehoben“, hieß es da. Um jeglichen Anschein der Klüngelei auszuschließen, ließ der begnadete Netzwerker heuer erstmals den Klingelbeutel reichen. Gleich beim Eingang in den Festsaal der Raiffeisenzentrale wurde jedem Geladenen der Obolus abgeknöpft. Über mehreren Flaschen Grünem Veltliner war der Tenor an diesem Abend klar: Als ob man mit solch einem Unkostenbeitrag Absprachen und Mauscheleien den Garaus machen könnte.
Freilich: Was die Anwesenden zu später Stunde so flapsig bemängelten, sagen sie öffentlich lieber nicht – schließlich möchte niemand in den Verdacht geraten, der Korruption, dem Filz, der organisierten Unanständigkeit das Wort zu reden.
Ein Aufbegehren
Das Thema ist heikel. Die Kritik kommt daher oft hinter vorgehaltener Hand – oder im engen Kreis. Doch aller Zurückhaltung zum Trotz: Die Front jener, die gegen den Compliance-Druck in Unternehmen aufbegehren, wird immer breiter. Nicht nur Industrielle, auch Wirtschaftswissenschafter, ja sogar Vertreter der Compliance-Zunft selbst warnen: Wer jede Essenseinladung, jeden Kugelschreiber, jede verschenkte Theaterkarte als ersten Schritt in die Bestechlichkeit sieht, verkehrt Compliance in ihr Gegenteil: in eine Fassade, die bloß vorgibt, unsaubere Praktiken zu unterbinden.
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