Corona-Strategien : BRP-Rotax-Chef Rapberger: „Wo es Hilferufe in der Lieferkette gibt, springen wir ein“

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Ski-Doos, Sea-Doos, einerlei, in welchem Aggregatzustand man dem Urelement Wasser begegnen will: Denkt man an motorisierten Freizeitsport, dann reflexartig an Amerika. Das ist kein Zufall, sondern wohl ein Stück weit der nationalen Identität geschuldet. Immerhin zwei Drittel der in Gunskirchen produzierten Antriebe gehen nach Nordamerika, einem gewaltigen Absatzmarkt für die Tochter des kanadischen Konzerns. Dessen Abnehmer im März noch ungebrochen zulangten. „Der Konsum war stabil, die Lieferketten intakt“, schildert Wolfgang Rapberger. Er ist einer von drei Standortchefs bei BRP-Rotax und musste Anfang April letztlich die Marktgegebenheiten akzeptieren.

Als die Supply Chain abriss, stoppte man - gut vorbereitet - die Produktion, für Anfang Juni ist der Wiederanlauf, wohl noch unter den von der Regierung verordneten Maßhalteregeln, fixiert. Eine heikle Phase, in der dem Motorenbauer die Investitionen der vergangenen Jahre zugute kommen, sowohl in der Arbeitsorganisation als auch der Wandlungsfähigkeit von Prozessen. „Wer das Werk 2017 besuchte, wird es heute nicht mehr wiedererkennen“, sagt Rapberger.

Schnelligkeit am Shopfloor.

So wurde im Rahmen des „nachhaltigen Wachstumskurses“ (O-Ton Rapberger) nicht nur der Turboladerbereich gestärkt oder Prozesstechnologien wie das Plasmabeschichten etabliert - der komplette Maschinenpark ist nun Teil des Wertstroms. Von den mehreren Hundert Einzelprozessen „haben wir im Zuge der Neuausrichtung wirklich jede einzelne Maschine angegriffen“, heißt es in Gunskirchen. Und es wurden im Rahmen des Programms „Gunskirchen 2020“ Geschäftseinheiten für Produktbereiche - etwa die Kurbelwellen - geschaffen.

Der Fertigungsleiter früherer Tage ist passé. Dafür gibt es sechs Business-Unit-Leiter, also Entrepreneure am Shopfloor, die den Materialeinkauf verantworten, crossfunktional Bereiche wie Qualität oder Planung weiterentwickeln und sich weltweit benchmarken. „Das macht uns ein ganzes Stück reaktionsschneller, als wenn wir Abteilungen wie bisher als isolierte Bereiche interpretieren“, sagt Rapberger.

Soforthilfe für notleidende Lieferanten.

Resilienz sei im Rahmen einer wachsenden Globalisierung (O-Ton Rapberger: „Daran wird wohl auch die Corona-Pandemie wenig ändern“) wichtiger denn je. So hält man sein Lieferantennetz intakt, „indem man dort, wo es Corona-Hilferufe gibt, einspringt“, sagt er. Etwa mit einer Verkürzung von Zahlungszielen durch Nachlass von Skonti oder einer früheren Abnahme von Lieferungen.

Auch jeder einzelne Mitarbeiter helfe mit, an Dynamik zuzulegen. So hat man den klassischen Ansatz der kontinuierlichen Verbesserung modifiziert. Vorschläge landen nicht mehr im Briefkasten, man wählte eine neue Methodik. „Erst wenn ein Mitarbeiter seine Idee auch umgesetzt hat, gilt diese als Vorschlag“, sagt Rapberger. „Jeden Tag habe man so im Unternehmen erfreulicherweise 50 umgesetzte KVPs“, sagt er.

Waren die letzten Wochen operativ eine Herausforderung, bieten sie doch auch Möglichkeiten der Reflexion. So ist im BRP-Konzern, in dessen Produktpalette sich E-Lösungen, aber seit Februar auch solche auf Basis von Wasserstoff finden, die Nachhaltigkeit ein Thema. Und wird es noch stärker werden. „Eine 200 Kilo schwere Batterie mitzuführen, muss in Zukunft nicht der nachhaltigste Weg der Fortbewegung sein“, sagt Rapberger.

In der Produktion in Gunskirchen kommt jedenfalls seit längerem nur Ökostrom zum Einsatz. Das passt auch vortrefflich ins eigene CSR-Programm. Wie Rapbergers Vorstellung eines potenziell wahrscheinlichen Reisemusters nach Corona. „Es wird auch mit weniger gehen“, ist er überzeugt.

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