Chemische Industrie : Borealis will heuer wieder einen Milliardengewinn

Der Chemiekonzern Borealis hat im ersten Quartal bei stabilem Umsatz einen Nettogewinn von 240 Mio. Euro erzielt, nach 313 Mio. Euro im Startquartal des Vorjahres. "Das Düngemittel-Geschäft war schwierig im ersten Quartal und wir hatten Borouge 2 in vollem Turnaround, da fehlen gleich drei-, vierhunderttausend Tonnen Ethylen", sagte Borealis-Chef Mark Garrett.

"Wir erwarten aber, dass das zweite Quartal stärker ausfallen wird als das erste. Wir werden sicher eine halbe Milliarde Nettogewinn haben in der ersten Hälfte des Jahres, wir sind also etwa auf Kurs, wieder eine Milliarde zu machen", erklärte Garrett.

Die Überholung der Anlage in Borouge 2 sei abgeschlossen und nach der nun erfolgten Inbetriebnahme einer PDH-Anlage (Propane dehydrogenation) werde man in Borouge im zweiten Halbjahr zusätzlich 250.000 Tonnen Propylen erzeugen. Der Gesamtumsatz des Borealis-Konzerns ging im ersten Quartal leicht auf 2,4 Mrd. Euro zurück.

Borouge ist ein Joint Venture von Borealis - an der die OMV mit 36 Prozent beteiligt ist - mit ADNOC (Abu Dhabi National Oil Company).

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Für 2017 hat Borealis an die Aktionäre eine Dividende von 700 Mio. Euro ausgeschüttet. Gleichzeitig stieg die Nettoverschuldung des Unternehmens im ersten Quartal um 559 Mio. Euro. "Wir haben 1,2 Mrd. Euro Schulden", sagte Finanzvorstand Mark Tonkens. Die Dividende habe man mit vorhandenem Cash bezahlt anstatt das Geld für die Tilgung von Schulden zu verwenden, erklärte Garrett.

"Die Schulden sind in Europa momentan relativ günstig." Im Vergleich zu anderen Unternehmen sei die Verschuldungsquote der Borealis mit 23 Prozent (nach 21 Prozent) noch immer sehr niedrig. "Ich sitze im Aufsichtsrat von anderen Firmen, im Vergleich zu denen sind wir unglaublich konservativ." Allerdings werde auch die Verschuldung von Borealis in den nächsten fünf Jahren durch einige Großprojekte steigen.

Eines dieser Großprojekte ist eine PDH-Anlage in Antwerpen, um Propylen herzustellen. "Wir haben in Antwerpen schon so eine Anlage, wir bauen eine nebenan", so Garrett. "Das ist wahrscheinlich die größte Petrochemie-Investition in eine Neuanlage in Europa in den letzten 20 Jahren." Das Investitionsvolumen betrage rund eine Milliarde Euro, die endgültige Investitionsentscheidung werde im September fallen. Danach werde das Projekt noch etwa drei Jahre bis zur Fertigstellung brauchen.

Kooperation mit Total in den USA

Das Joint Venture mit dem französischen Energiekonzern Total in den USA übertreffe bisher die Erwartungen, weil die Marge für Polymerprodukte in den USA derzeit sehr hoch sei. In Port Arthur (Texas) sei derzeit ein neuer Ethan-Streamcracker am Beginn der Bauphase. Die finale Investitionsentscheidung über eine Polymeranlage werde in den nächsten Wochen erfolgen.

Ganz am Beginn sei man mit den Plänen für ein neues Werk in Südchina, erklärte Garrett. Mit geschätzten Kosten von rund 500 Mio. Euro sei das Projekt in China verhältnismäßig klein, man wolle dort ein sehr spezielles Produkt erzeugen. "Wir brauchen diese Produkte in China, weil sie komplementär sind zu unserem Hochspannungskabel-Geschäft und die Kunden sind alle in China."

Viel größer sei ein Projekt in Kasachstan. "Dort ist es ein Cracker und zwei Polymeranlagen." Es sei bereits mit kasachischen Partnern sowie den Regierungen von Kasachstan und den Vereinigten Arabischen Emiraten eine Absichtserklärung unterzeichnet, die endgültige Investitionsentscheidung sei für 2020 geplant, die Inbetriebnahme für 2024.

"Bis dann bin ich längst in Australien am Strand"

"Bis dann bin ich schon längst in Australien am Strand", sagte der gebürtige Australier, der die Führung des Unternehmens wie berichtet nach dem zweiten Quartal an Alfred Stern abgibt. Stern ist derzeit für die Bereiche Polyolefine und Innovation verantwortlich.

Er sei jetzt schon im zwölften Jahr bei Borealis, sagte Garrett. Die Ablöse sei geplant gewesen. Aktuell dazu: Mark Garrett nimmt bei Borealis den Hut >>

"Der Nachfolger war bereit. Wäre ich drei oder vier Jahre länger geblieben, wäre der arme Nachfolger dann mit 57 oder 58 Jahren zu alt für die Stelle. Für ihn ist es der richtige Zeitpunkt, und ich bin mit 55 noch nicht zu alt um etwas Anderes zu machen."

Die nun begonnenen Großprojekte würden noch vier, fünf oder sechs Jahre bis zur Fertigstellung brauchen, "und ich bin 100-prozentig überzeugt: Man sollte solche Großprojekte von Beginn weg begleiten und niemand sollte so ein Projekt auf halbem Wege übernehmen", so Garrett. "Alfred Stern hat die Projekte von Anfang an begleitet und er sollte sie zu Ende führen."

Garrett wechselt ab dem Sommer zur Marquard & Bahls AG mit Sitz in Hamburg, die in Familienbesitz steht und u.a. in den Bereichen Energiehandel, Speicherbau, Gasversorgung und Erneuerbare Energien tätig ist. "Ich werde Chef von ihrer Holding Company und werde nicht mehr operativ tätig sein." Das Unternehmen mache mit 8.500 Mitarbeitern rund 11 Mrd. Euro Umsatz. (apa/red)