E-Commerce : Bito-Lösungen für europas ersten veganen Großhändler

Deutschlandweit verzichten derzeit etwa 900.000 Menschen komplett auf tierische Produkte, das sind knapp 1,1 Prozent der Bevölkerung. Und die Zahl der Veganer wächst - pro Jahr um stattliche 20 bis 30 Prozent. "Wir bieten ein vielseitiges Sortiment an schmackhaften Fleisch-, Wurst- und appetitlichen Käsealternativen", zählt Jörg Kerber auf. Er ist Logistik- und IT-Leiter sowie strategischer Berater der Geschäftsleitung bei AVE, Europas erstem veganen Großhändler. "Dazu kommen viele weitere Leckereien wie Milchalternativen, Pflanzendrinks, vegane Getränkepulver, herzhafte Brotaufstriche, Schokolade und natürlich Soja und Tofu."

Seit der Gründung verzeichnet AVE ein kontinuierliches Wachstum. "Die Nachfrage nach veganen Produkten ist besonders in den vergangenen Jahren stark gestiegen", beschreibt Jörg Kerber. "Wir bieten mittlerweile über 800 Artikel für den Handel an." Damit versorgt das Unternehmen den Groß- und Lebensmitteleinzelhandel, die Hotellerie, Gastronomen und Restaurants, Cafés, Bioläden und Reformhäuser sowie alle Händler, die ihr Sortiment um diese Lebensmittel erweitern möchten. Dazu kommen mehr als 2.000 Produkte im Online-Shop alles-vegetarisch.de. Endverbraucher können dort aus einem sich ständig erweiternden rein pflanzlichen Sortiment wählen.

Erfolg, der nicht aufzuhalten ist

Mit der Motivation, mehr Alternativen zu Fleisch-, Milch- und Ei-Produkten zu bieten, um möglichst vielen Menschen eine seiner Überzeugung nach ethischere Ernährungsform zu ermöglichen, gründet Tobias Graf im Jahr 2001 in Anlehnung an die Tierrechtsgruppe "absolut" das Absolute Vegan Empire, kurz AVE. "Für die vegane Szene in Deutschland war das ein denkwürdiges und wegweisendes Jahr", erläutert Kerber. "Denn in dieser Zeit fand der Veganismus noch sehr wenig Platz in unserer Gesellschaft."

Darum fängt bei Tobias Graf auch erst mal alles ganz klein an: auf zwei Regalen in seinem Wohnzimmer im Oberpfälzischen Schwarzenfeld. Doch die Kundschaft nimmt zu, und er weicht schon bald auf den Keller seiner Eltern und die Garage aus. 2004 erweitert er sein Angebot mit den beiden Eigenmarken Vantastic Foods und Vegan Bakery. Die Kunden können nun auf aromatische Gewürze, Fleisch- und Wurstalternativen, Sojafleisch, Backwaren, Schokolode in verschiedenen Geschmacksrichtungen, Brotaufstriche und gelatinefreie Fruchtgummis zugreifen. Zwei Jahre später gründet er die die Veggie Snack Bar. Damit verköstigt er mit seinem Team hungrige Besucher bei Messen, Street Days, Konzerten und Festivals in Deutschland und Österreich. Die Nachfrage steigt weiter. Im Jahr 2007 baut AVE deshalb im nahe gelegenen Nabburg für den Großhandel ein neues Betriebsgebäude. Ein Jahr später übernimmt das Unternehmen den brach liegenden Online-Shop alles-vegetarisch.de. "Dieser hat sich mittlerweile zum größten Online-Shop in Europa für vegane Lebensmittel entwickelt", sagt Kerber. "Allerdings platzte der alte Standort bald aus allen Nähten."

Reibungslose Warenflüsse erforderlich

Um die Auslieferung zu keinem Zeitpunkt unterbrechen zu müssen, benötigte das Unternehmen dringend eine neue Logistikhalle. "Wir hatten unsere maximale Kapazität erreicht", sagt der AVE-Logistikleiter. In drei Etappen baute das Unternehmen zwar immer wieder auf dem vorhandenen Grundstück an und mietete darüber hinaus weitere Stellflächen in anderen Lagern. "Doch bald gab es hier am Ort keine Halle, in der wir nicht Paletten gelagert hatten", sagt Kerber. Seit Juni 2015 befindet sich der neue Unternehmensstandort im Nabburger Gewerbegebiet auf 7.500 Quadratmeter Grundstücksfläche, die Logistikhalle nimmt davon etwa 2.500 Quadratmeter ein.

Im Vergleich zu einem reinen Online-Supermarkt dient das Lager sowohl zur Kommissionierung der B2B-Aufträge als auch für die Bestellungen von Endkunden aus dem Online-Shop. "Wir müssen umfangreichere Großhandelsaufträge genauso sicher handhaben wie Kleinstbestellungen", erklärt Kerber. An die Intralogistik sind daher ganz besondere Herausforderungen gestellt. "Bei diesem Multichanneling bedarf es unterschiedlicher Lagerungsarten", verdeutlicht Logistikleiter Kerber: "Das umfangreichere Produktsortiment aus dem Online-Shop muss in kleineren Verpackungseinheiten bereitgestellt werden, die Großmengen und Schnelldreher für den Handel auf Paletten. Gelagert werden die Produkte in zwei Temperaturzonen. Es gibt ein Lager für das Trockensortiment und ein thermisch davon abgetrenntes Frischelager für Waren, die unter acht Grad Celsius aufbewahrt werden. Damit nichts verdirbt, ist das Prinzip "First-in-first-out" konsequent einzuhalten. Die Distribution der Waren ist zeitlich genau auf Lagerbestände sowie nach Restlaufzeiten bis zum Mindesthaltbarkeitsdatum zu kontrollieren. Dazu kommen die unterschiedlichen Auftragsstrukturen und -anzahlen in den jeweiligen Channels." Bei AVE gehen täglich bis zu 2.000 Paketaufträge über den Online-Shop ein und bis zu 150 Großhandelsaufträge - diese werden als Paket, Palette oder als Komplettladung ausgeliefert.

Mit dem richtigen Partner zur passenden Lösung

Für die Einrichtung der neuen Logistikhalle stand nur sehr wenig Zeit zur Verfügung. Deshalb war ein Partner gefragt, der in der Lage ist, die vorhandene Planung und die Vorgaben kurzfristig umzusetzen. Beauftragt wurde die Bito-Lagertechnik aus Meisenheim. Der Komplettanbieter für Lagertechnik lieferte eine zweigeschossige Stückgutdurchlaufregalanlage (SDS) für das Trockenlager. Dazu wurde eine Stahlbaubühne integriert sowie eine Fördertechnik, mit der die Kommissionierbehälter vom zweiten Geschoss nach unten zum Versand geführt werden. Die Grundfläche beträgt 300 Quadratmeter, die Höhe der Anlage insgesamt etwa sieben Meter. Die Stückgutdurchlaufregale werden von der einen Seite mit den Waren, die sich in Kartons befinden, bestückt. Diese rollen dann automatisch nach vorn, wo der Mitarbeiter die benötigten Artikel entnimmt. So können Kommissionierer und Warenbereitsteller voneinander ungestört arbeiten. Die Umsetzung des FiFo-Prinzips in dieser Kommissionieranlage stellt zudem sicher, dass die zuerst eingelagerten Artikel auch zuerst entnommen werden. Damit kann das Mindesthaltbarkeitsdatum eingehalten werden. Im Trockenlager befinden sich zudem eine Doppel- und eine Einfach-Palettenregalreihe für Artikel mit hohem Umschlag. Dazu kommt eine Regalreihe für das Verpackungsmaterial. Im Frischebereich wurden ebenfalls Palettenregale installiert. Eine Doppelreihe wurde in dem unteren Bereich mit Stückgutdurchlaufebenen ausgestattet und sorgt so für eine kompakte Bereitstellung von vielen verschiedenen Artikeln in kleinerer Menge. Die Palettenplätze oberhalb der Durchlaufebenen unterstützen als Puffer. Zusätzlich dient eine einzelne Regalzeile mit Palettenplätzen für die Schnelldreher. In der kompletten Anlage kann AVE etwa 3.000 unterschiedliche Artikel lagern.

Immer im Fluss

Am Tag kommen etwa vier bis fünf Lkw am Wareneingang an. Entladen werden diese - je nach Frische- oder Trockenprodukt - über zwei Tore. "Wir haben eine neue ERP- und Lagerverwaltungssoftware im Einsatz", sagt Kerber. "Damit wissen wir zu jedem Zeitpunkt, wann die Ware ihr Haltbarkeitsdatum überschreitet und welche Mengen von welchem Produkt sich im Lager befinden." Entsprechend lagern die Mitarbeiter die Produkte als Puffer auf Paletten, oder sie stehen sofort für die Kommissionierung bereit. Damit ist die Ware stets im Fluss.

Das neue Logistikzentrum dient dazu, sowohl B2B- Aufträge, als auch B2C-Aufträge im Endkundengeschäft zu kommissionieren. Je nach Vertriebskanal erfolgt das ganz unterschiedlich. Für Kleinaufträge, also für Endkunden, die online bestellen, entnimmt der Mitarbeiter die jeweiligen Artikel aus dem SDS und dem Palettenregal und legt sie in Bitoboxen MB, die sich auf Tablettwagen befinden. Produkte aus dem Frischebereich kommen in Behälter, die mit Kühlinlays ausgestattet sind. "Bei den Kleinaufträgen setzen wir im Kühllager zweigeschossige Plattformwagen mit integrierten Leitern ein", erklärt Kerber. "Damit ist jedes Fach im Regal für den Mitarbeiter erreichbar." Werden Großaufträge kommissioniert, nutzt AVE elektrische Handhubwagen. Um die Aufträge für den Versand bereitzustellen, werden sie anschließend zusammengeführt, kontrolliert und - je nachdem ob Klein- oder Großauftrag - als Paket oder auf Paletten verpackt. Waren aus dem Frischelager, die auf Paletten gestapelt sind, verlassen das Logistikzentrum nur über temperaturgeführte Lkw. Die großen Einzelhandelsketten lässt AVE nicht über Nabburg, sondern über einen externen Fulfillment-Partner beliefern.

Mensch, Mittel, Methode

"Wir nutzen mit der Lösung von Bito jeden Quadratzentimeter in der Halle optimal aus", ist Jörg Kerber begeistert. "Die Prozesse sind effizient auf die jeweiligen Vertriebskanäle abgestimmt." Bei der Planung der Logistikhalle ist AVE bis ins Detail nach dem ganzheitlichen Prinzip ,Mensch, Mittel, Methode' vorgegangen. Dazu sind die Arbeitsplätze ergonomisch gestaltet - dafür sorgen zum Beispiel die Transportrollenbahnen oder auch die wegoptimierte Anordnung der Regalsysteme. Die Regallösung stellt das passende Mittel für reibungslose Materialflüsse dar - egal, um welchen Vertriebskanal es sich handelt. Und die Methode? "Das ist eben unsere neue Lagersoftware", beschreibt Kerber. Diese stellt für die Mitarbeiter webbasiert alle erforderlichen Informationen auf Computer, Tablet oder Smartphone zur Verfügung.

AVE hat mit dem Neubau außerdem Kriterien der Nachhaltigkeit berücksichtigt - nicht nur bei den Arbeitsplatzbedingungen, sondern auch bei den Umweltaspekten. Energie wird durch den Einsatz einer Wärmepumpenanlage mit Wärmerückgewinnungsfunktion eingespart. Die Sendungen werden umweltfreundlich verpackt, weitestgehend mit Karton und Verpackungsmaterial aus Altpapier. Das ganzheitliche Prinzip entspricht der Unternehmensphilosophie, die einen nachhaltigen Umgang mit der Umwelt und allen Lebewesen vorsieht. Realisiert wurde das Projekt mit finanzieller Unterstützung der EU und Landesförderungsprogrammen. Nachhaltig ist auch die Regallösung von Bito: Die installierten Regalsysteme lassen sich ohne Umbaumaßnahmen mit weiterer Technik ausstatten.

Veganismus auf dem Vormarsch

Noch während der Planungsphase verstarb Firmengründer Tobias Graf nach schwerer Krankheit im September 2014. Inhaberin Heike Graf führt das Unternehmen nach dem Tod ihres Mannes fort. Ihre Vision? "Wir erwarten, dass der Markt stetig weiterwächst und noch mehr Hersteller und Handelsketten auf den veganen Zug aufspringen werden." Die Entwicklung sieht sie ähnlich wie bei den Bio-Produkten. Diese werden sich künftig auch in jedem Supermarkt zwischen den konventionellen Produkten finden. "Der Veganismus ist nicht nur in Deutschland auf dem Vormarsch, sondern weltweit, und das stellt eine große Chance für den Online-Handel dar."