Industriedienstleister : Bilfinger: Gewinn trotz Einbußen

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© Michael Hetzmannseder

Die Coronapandemie und der Ölpreisverfall haben beim Industriedienstleister Bilfinger 2020 deutliche Spuren hinterlassen. Umsatz und operatives Ergebnis gingen deutlich zurück. Unter dem Strich stand nur wegen eines Sondererlöses ein Gewinn. "Angesichts der besonderen Zeiten sind die Ergebnisse in vielerlei Hinsicht ein großer Erfolg", sagte Finanzchef Christina Johansson bei Vorlage der Jahreszahlen in Mannheim.

Sie hat vorübergehend den Chefposten übernommen, nachdem der Brite Tom Blades den Konzern im Jänner überraschend verlassen hat. Die Aktie sank im frühen Handel um rund ein Prozent.

Im vergangenen Jahr ging der Umsatz im Jahresvergleich um ein Fünftel auf knapp 3,5 Mrd. Euro zurück, wie das SDax-Unternehmen mitteilte. Operativ lief es noch schlechter. Das bereinigte operative Ergebnis (Ebita) sackte um 81 Prozent auf 20 Mio. Euro ab. Die dazugehörige Marge betrug 0,6 Prozent nach 2,4 Prozent im Vorjahr.

Unter dem Strich wies Bilfinger dank eines Buchgewinns einen Gewinn von 99 Mio. Euro aus nach 24 Mio. ein Jahr zuvor. Das Geld stammt aus einer vereinbarten Erlösbeteiligung mit dem Investor EQT, der bereits 2016 die damalige Gebäudemanagement-Sparte von Bilfinger übernommen hatte und dann weiterverkaufte. Ohne Verkaufsbonus stand unter dem Strich ein Verlust von acht Millionen Euro.

Deutliches Umsatzwachstum für heuer erwartet

Für das laufende Jahr rechnet Bilfinger mit einem deutlichen Umsatzwachstum. Das bereinigte Ebita soll sich erheblich verbessern und die dazugehörige Marge dabei wieder das Vorkrisenniveau des Geschäftsjahres 2019 von 2,4 Prozent erreichen. Dazu beitragen sollen auch geringere Kosten. Unter anderem hatte das Unternehmen 2020 tausende Stellen abgebaut.

Die Ergebnisse zeigten nicht nur die Widerstandsfähigkeit des Geschäftsmodells, sagte Johansson, sondern dass Bilfinger auch deutliche Fortschritte auf dem Weg zu dem schlanken, agilen Unternehmen gemacht hat. Daher könne das Management die mittelfristigen Ziele bestätigen und die Dividendenkürzung des letzten Jahres wieder ausgleichen, fügte Johansson hinzu.

Bilfinger will für das Jahr 2020 eine Dividende von 1,88 Euro je Aktie zahlen. Im Vorjahr hatte das Management aufgrund der Unsicherheit wegen der Coronapandemie mit 12 Cent je Aktie deutlich weniger ausgeschüttet. Größter Anteilseigner ist der aktivistische Investor Cevian mit mehr als einem Viertel der Aktien. Bis 2024 soll der Umsatz auf mehr als fünf Mrd. Euro steigen. Die Ebita-Marge soll dann nachhaltig fünf Prozent betragen. Zudem peilt Bilfinger einen freien Barmittelzufluss von mehr als 200 Mio. Euro an.

Derzeit muss Bilfinger einen neuen Unternehmenschef suchen. Blades hatte im Jänner mit sofortiger Wirkung sein Mandat niedergelegt. Der Brite stand seit Mitte 2016 an der Bilfinger-Spitze und hatte nach dem Verkauf des Tafelsilbers, den Immobiliendienstleistungen, einen tiefgreifenden Umbau eingeläutet. Zudem führte Blades ein umfangreiches Compliance- und Kontrollsystem ein, da Bilfinger bis Ende 2018 unter anderem wegen eines Korruptionsfalls seiner ehemaligen Tochter Julius Berger in Nigeria unter Beobachtung des US-Justizministeriums stand.

Streit mit früheren Vorständen zu den Akten gelegt

Im vergangenen Jahr konnte Bilfinger zudem zwei Altlasten zu den Akten legen. So einigte sich das Unternehmen im Streit um Schadenersatz mit früheren Vorständen, darunter dem ehemaligen hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch, auf die Zahlung von fast 17 Millionen Euro. Der Aufsichtsrat hatte grundsätzlich allen Vorstandsmitgliedern, die zwischen 2006 und 2015 amtierten, aber vor 2015 in das Gremium eintraten, Pflichtverletzungen vorgeworfen. Zudem schloss Bilfinger mit der Stadt Köln einen Vergleich im Zusammenhang mit dem Einsturz des Stadtarchives 2009 während des Baus einer U-Bahn, an dem die Mannheimer beteiligt waren. Bilfinger zahlt dabei 200 Millionen Euro, die voll durch die Versicherer abgedeckt werden./mne/nas/jha/ (dpa/dpa-afx/apa/red)