Coronakrise : Berlin verpflichtet Unternehmen zur Testung von Mitarbeitern

Die Unternehmen in Deutschland müssen ihren Beschäftigten verpflichtend Corona-Tests anbieten, wenn sie nicht im Homeoffice arbeiten. Das hat die deutsche Bundesregierung in Berlin nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur beschlossen. "Im Grundsatz müssen Betriebe ihren Beschäftigten einmal pro Woche ein Testangebot machen. Nur ausnahmsweise darf die Verpflichtung zwei Tests pro Woche umfassen", teilte das Wirtschaftsministerium mit.

Es handelt sich bei dem Beschluss lediglich um eine Angebotspflicht, eine Testpflicht für Arbeitnehmer gibt es nicht. Auch eine Dokumentationspflicht soll es nicht geben. Lange hatte sich das Wirtschaftsministerium von Peter Altmaier (CDU) gegen einen solchen Beschluss gesträubt und nach Angaben des Ministeriums auf die Freiwilligkeit von Unternehmen gesetzt.

Für viele Unternehmen ändert sich mit einer solchen Angebotspflicht aus Sicht des Wirtschaftsministeriums nicht viel. Nach Angaben des Ministeriums bieten inzwischen rund 70 Prozent der Unternehmen ihren Beschäftigten wöchentliche Testmöglichkeiten an, weitere Angebote kämen hinzu. Das belegten auch die Befragungen der Bundesregierung aus der vergangenen Woche. Mitte März waren es noch rund 35 Prozent.

Der deutsche Finanzminister Olaf Scholz (SPD) will unterdessen Unternehmen nicht für zusätzliche Kosten durch die Testangebotspflicht entschädigen. "Das ist jetzt eine nationale Kraftanstrengung und da müssen alle mitmachen", sagte er Dienstagfrüh im "Deutschlandfunk".

Die Groß- und Außenhändler lehnen die Corona-Testpflicht für Unternehmen ab. "Neun von zehn Unternehmen testen ihre Mitarbeiter bereits auf das Coronavirus oder werden es in Kürze tun", sagt der Präsident des Bundesverbands Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), Anton Börner, den Zeitungen der "Funke Mediengruppe" laut Vorabbericht. Börner erklärt, die Unternehmen täten alles, um ihren Beitrag zur Bewältigung der Krise zu leisten.

Auch die Chemie-Arbeitgeber halten die angekündigte Pflicht zum Angebot von Corona-Tests in den Betrieben für überflüssig. "Die Wirtschaft testet seit Monaten, wenn es für den Schutz unserer Mitarbeiter und die Abläufe in der Produktion nötig ist, und zwar ohne jeden gesetzlichen Zwang", erklärte der Präsident des Arbeitgeberverbandes BAVC, Kai Beckmann, in Wiesbaden. Er fügte hinzu: "Den Kampf gegen die Pandemie gewinnen wir nur, wenn wir dauerhaft schneller impfen. Wir gewinnen ihn nicht mit neuer Bürokratie für die Betriebe."

Mehrere große deutsche Textilhändler wehren sich unterdessen gegen die Pläne der Regierung, im Infektionsschutzgesetz bei hohen Inzidenzzahlen einen härteren Lockdown für den Einzelhandel festzuschreiben. "Der Politik fällt wieder einmal nichts anderes ein, als den Einzelhandel zu schließen. Das ist keine Strategie - das sind willkürliche Maßnahmen, die auf dem Rücken einzelner Branchen und der Mitarbeiter ausgetragen werden", sagte der Chef des Modeunternehmens s.Oliver, Claus-Dietrich Lahrs, der Deutschen Presse-Agentur.

Lahrs klagte, auch im neuen Entwurf zum Infektionsschutzgesetz werde der Handel pauschal als Infektionstreiber eingeordnet. Dabei sei längst klar, dass dies jeder wissenschaftlichen Grundlage entbehre. Der Chef der Textilkette Ernstings family, Timm Homann, sprach von einem "Totalversagen des politischen Krisenmanagements".

Der Chef des Textil-Discounters Kik, Patrick Zahn, sagte, er sei bereit, einen kurzfristigen harten Lockdown mitzutragen. "Aber so wie die Änderungen im Infektionsschutzgesetz nun angelegt sind, ist es keine wirkliche Perspektive aus dem Lockdown heraus." Schon wieder würden einige Branchen unverhältnismäßig hart getroffen, während weite Teile der Wirtschaft uneingeschränkt oder mit nur sehr geringen Einschränkungen weiterarbeiten könnten. (dpa/reuters/apa/red)