Automobilzulieferer : Autozulieferer fährt schweres Geschütz gegen Bosch auf

Der kanadische Hersteller Nucap ist ein Spezialist für Bremsen. Sein wichtigster Kunde war bis vor kurzem der deutsche Konzernriese Bosch, der wiederum die Automobilindustrie beliefert. Doch mit den guten Beziehungen beider Firmen ist es vorbei. Nachdem Bosch vergangenen November das Geschäftsverhältnis aufgelöst hat, hat jetzt Nucap seinen einstigen größten Abnehmer verklagt. In der Anklage geht es eigentlich um den Diebstahl von Geschäftsgeheimnissen - doch dahinter steht eine weitere Anschuldigung, die es in sich hat.

Fachwelt bei diesem Thema hellwach

Wie die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" berichtet, lautet die These von Nucap, die Deutschen würden bewußt eine geringere Qualität und damit Risiken für Autofahrer in Kauf nehmen, um die Kosten zu senken. Bei derartigen Anschuldigungen ist die Fachwelt hellwach - während gerade der Manipulationsskandal bei Volkswagen die gesamte deutsche Autobranche und auch ihre riesige Zulieferlandschaft erschüttert.

Der Kern des Streits

Im Kern geht es der Zeitung zufolge um Trägerplatten für Bremsbeläge aus Stahl, auf denen später das Reibmaterial angebracht wird. Bei den Aufträgen für Bosch hatte Nucap bisher die Trägerplatten chemisch gereinigt und dann gegen Korrosion geölt. Jede Trägerplatte koste etwa 40 bis 50 Cent, so der Bericht unter Berufung auf die Firmenleitung der Kanadier. Nach ihrer Darstellung habe dann Bosch eines Tages vor zwei Jahren plötzlich verlangt, unbehandelten Stahl zu verwenden - was fünf bis zehn Cent pro Platte billiger wäre.

Doch Nucap wollte da nicht mitspielen - weil unbehandelter Stahl aus der Sicht der Kanadier schneller roste und damit eine Gefahrenquelle sei. Denn das Reibmaterial könnte sich dann schneller lösen und die Bremse im schlimmsten Fall plötzlich nicht mehr bremsen, so die These. Der Chef des Unternehmens zeigt sich gegenüber der "FAZ" sogar überzeugt, dass dies bereits zu ernsten Unfällen geführt habe.

Kanadier reichen Klage ein

Für Nucap hatte die Weigerung schwerwiegende Folgen. Der Hersteller mit einem Umsatz von 200 Millionen Dollar pro Jahr verlor im November 2014 seinen wichtigsten Kunden. Rund 150 der zuvor 500 Beschäftigten mussten gehen. Danach verklagten die Kanadier den deutschen Zulieferriesen auf Schadenersatz in dreistelliger Millionenhöhe. Die offizielle Linie ihrer Klage: Diebstahl von Geschäftsgeheimnissen.

Daraufhin reichte auch Bosch eine Klage gegen Nucap ein. Dabei fahren auch die Deutschen schweres Geschütz auf: Die Kanadier hätten als Reaktion auf den Verlust des Großauftrags ihre dominierende Position bei einem anderen Produkt genutzt, um Bosch unter Druck zu setzen - dies sei ein Verstoß gegen das amerikanische Kartellrecht, so der Konzern. Dem Bericht zufolge fordert Bosch 30 Millionen Euro Schadensersatz.

Zumindest ein Aspekt spricht für die Unschuld der Deutschen

Beide Hersteller weisen die Beschuldigungen der Gegenseite strikt zurück. Bosch betont gegenüber der FAZ, man halte die Behauptungen von Nucap für gegenstandslos und glaube daran, sich mit der eigenen Gegenklage durchsetzen zu können.

Allerdings gibt es hier tatsächlich einen Umstand, der für die Deutschen spricht, wie die Zeitung anmerkt. Denn auch die sonst so strenge US-Verkehrssicherheitsbehörde NHTSA habe bisher keinerlei Anlass gesehen, um den Anschuldigungen von Nucap nachzugehen. (red)