Japan : Automanager Carlos Ghosn kommt auf Kaution frei

Nach mehr als drei Monaten in Untersuchungshaft ist der in Japan angeklagte Automanager Carlos Ghosn auf freiem Fuß. Der 64-Jährige verließ die Haftanstalt in Tokio. Ghosn war allerdings in Begleitung von mehr als fünf Gefängnisbeamten derart verkleidet, dass er kaum zu erkennen war.

Kaum wiederzuerkennen

Er trug eine weiße Maske bis dicht unter die Augen, dazu eine Brille sowie dunkle Arbeiterkluft mit Warnweste und blauer Schirmmütze auf dem Kopf.

Ghosn hatte zuvor eine Kaution von einer Milliarde Yen (rund 8 Mio. Euro) bezahlt. Das Gericht hatte am Vortag dem Antrag seines Verteidigers Junichiro Hironaka auf Freilassung gegen Kaution stattgegeben und einen Einspruch der Staatsanwaltschaft abgelehnt.

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Als Bedingung für seine Freilassung hat Ghosn akzeptiert, dass an seinem Hauseingang eine Überwachungskamera installiert wird. Auch darf er sein Handy nicht frei benutzen und einen Computer nur im Büro seines Anwalts tagsüber unter der Woche benutzen. Japan darf der einst gefeierte Manager nicht verlassen. Wann es zum Prozess kommt, ist unklar.

Ghosn spricht von einem "Leidensweg"

In einer ersten Stellungnahme hatte Ghosn von einem "Leidensweg" gesprochen; er sei Familie und Freunden überaus dankbar, ihn unterstützt zu haben. "Ich bin unschuldig", bekräftigte er und kündigte an, er wolle sich in einem fairen Verfahren energisch gegen diese "wertlosen und unbegründeten Anschuldigungen" zur Wehr setzen.

Nach wiederholt gescheiterten Anträgen auf Freilassung gegen Kaution hatte Ghosn, der am Samstag 65 Jahre alt wird, kürzlich seinen japanischen Anwalt ausgewechselt. Daraufhin übernahm der Star-Jurist Junichiro Hironaka seine Verteidigung. Dieser hat schon mehrmals prominente Angeklagte vertreten und häufig Freisprüche erreicht. Einen Termin für einen Prozess gegen Ghosn in Japan gibt es noch nicht. Bis dahin könnten noch Monate vergehen.

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Ghosn war am 19. November in Tokio wegen Verstoßes gegen Börsenauflagen festgenommen und später angeklagt worden. Zudem soll er laut Staatsanwaltschaft private Investitionsverluste auf Nissan übertragen haben. Der einstige Vorzeigemanager bestreitet die Vorwürfe und sieht sich als Opfer einer Verschwörung.

Der Manager ist Architekt der Autoallianz zwischen Renault und den japanischen Herstellern Nissan und Mitsubishi. Die Japaner hatten ihn kurz nach der Verhaftung gefeuert. Bei Renault trat Ghosn im Jänner zurück. Auch der französische Konzern leitete Untersuchungen zu möglichen Unregelmäßigkeiten ein und will diese bis zum Frühjahr abschließen.

Ghosns Aufgaben bei Renault wurden aufgespalten. Jean-Dominique Senard übernahm den Präsidentenposten und ist auch für die von Ghosn entworfene Allianz mit Nissan verantwortlich. Wie das Auto-Bündnis mit dem japanischen Hersteller Nissan weitergeführt wird, bleibt abzuwarten. In der Allianz mit Renault sei es wichtig, dass jeder Partner Eigenständigkeit besitze, sagte der neue Nissan-Chef Hiroto Saikawa jüngst. Eine "übermäßige Machtanhäufung" wie unter Ghosn müsse künftig vermieden werden. (dpa/reuters/afp/apa/red)