Luftfahrtindustrie : "Auftragsflut" von Airbus sorgt für Probleme bei Schweizer Ruag

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© Ruag Holding

Trotz Rekordumsatz hat der staatliche Schweizer Rüstungs- und Industriekonzern Ruag im vergangenen Jahr einen deutlichen Gewinnrückgang erlitten und damit die Erwartungen der Regierung (Bundesrat) verfehlt. Die Ruag hatte Probleme, die Bestellungsflut von Airbus zu bewältigen.

Restrukturierung im Flugzeugteilebau

Nun muss die Ruag die Sparte Flugzeugteilebau restrukturieren und gleichzeitig die vom Bundesrat verordnete Aufteilung des Konzerns in einen internationalen und einen Schweizer Teil vornehmen. Dies sorgt für happige Zusatzkosten, die den Gewinn im laufenden Jahr weiter nach unten treiben werden.

Alleine im laufenden Jahr 2019 kämen zusätzliche Kosten von rund 50 Millionen Franken für die Aufspaltung und Entflechtung der Ruag hinzu, sagte Konzernchef Urs Breitmeier am Donnerstag am Rande der Bilanzpressekonferenz in Zürich im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AWP. "50 Millionen Franken können wir nicht einfach so kompensieren."

Bestellungsflut von Airbus

Schuld an der Talfahrt des Gewinns sei der Flugzeugstrukturbau, sagte Breitmeier. Man habe Probleme bekommen, die ständig steigenden Bestellungen von Airbus zu bewältigen. "Wir müssen die Auslieferungen ständig erhöhen."

Nun will Ruag die Wende im Flugzeugstrukturbau schaffen. "Wir haben im letzten Jahr ein Turnaround-Programm aufgesetzt", sagte Finanzchef Urs Kiener. Das werde aber etwas Geduld brauchen, bis die operativen Leistungen der Vorjahre wieder erreicht würden. Auch der Bundesrat fordert eine Verbesserung der Profitabilität.

Im laufenden Jahr dürfte der Flugzeugteilebau allerdings noch Verluste produzieren. Breitmeier rechnet erst 2020 mit einer Rückkehr der Sparte in die Gewinnzone.

Zuwächse bei der Sparte für Raumfahrt

Steigern konnten sich dagegen die Raumfahrtsparte, wo die Ruag Verkleidungen von Raketen herstellt, die Satelliten in den Orbit transportieren. In diesem Bereich betreibt Ruag auch einen Standort in Österreich. Auch die Verteidigungsparte konnte den Gewinn erheblich verbessern.

Neues Werk in Ungarn

Der Ausbau der Produktionskapazitäten und die Verzögerungen beim neuen Werk in Ungarn (hier oben im Bild) hätten die Kosten hochgetrieben. Die Flugzeugstruktursparte rutschte mit einem Betriebsverlust von 14 Millionen Franken als einzige Division in die roten Zahlen. Im Vorjahr hatte sie noch einen operativen Gewinn von 8 Millionen Franken erzielt.

Zudem seien eine Reihe von einmaligen Kosten angefallen. So habe die Schließung der Flugzeugwartungen am Flughafen Bern-Belp als Folge des Konkurses der Airline Skywork 4 Millionen Franken verschlungen. Und die Einstellung gewisser Jagd- und Sportpatronen hätten in der Munitionssparte mit 7 Millionen Franken zu Buche geschlagen. Ohne diese Straffung des Produkteportfolios wäre der EBIT der Munitionsdivision in etwa stabil geblieben.

Sinkende Ergebnisse

Der Betriebsgewinn (EBIT) dürfte damit unter die Marke von 100 Millionen Franken (89,32 Millionen Euro) sinken. Der Reingewinn werde deutlich tiefer ausfallen als 2018. Dabei hatte die Ruag bereits im vergangenen Jahr enttäuschend wenig verdient, obwohl das Unternehmen den Umsatz um 2,2 Prozent auf den neuen Rekord von 2,0 Milliarden Franken steigern konnte. Der Betriebsgewinn (EBIT) fiel um knapp 11 Prozent auf 106 Millionen Franken. Noch stärker sackte der Reingewinn ab, der um knapp 18 Prozent auf 74 Millionen Franken einknickte.

Damit sei man gar nicht zufrieden, gestand Breitmeier vor den Medien ein. "Mit einer EBIT-Marge von 5,3 Prozent haben wir unsere eigenen Rentabilitätsziele verfehlt." Ins gleiche Horn stieß der Bundesrat: Die Profitabilität liege unter dem Zielband von 6 bis 8 Prozent, das die Landesregierung festgelegt habe, schrieb das Schweizer Verteidigungsministerium in einer Aussendung. Um die Vorgaben des Bundesrates zu erreichen, hätte die Ruag im vergangenen Jahr einen Betriebsgewinn von 120 bis 160 Millionen Franken erzielen müssen. Das wäre eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr, als die Ruag einen EBIT von 119 Millionen Franken eingefahren hatte.

"Trump-Effekt" bei der Munition wirkt bis heute nach

Die Munitionssparte litt immer noch unter dem Trump-Effekt. Die Amerikaner hatten vor der letzten Präsidentenwahl Hamsterkäufe an Munition getätigt, weil sie mit einem Erfolg von Hillary Clinton und einer Verschärfung der Waffengesetze gerechnet hatten.

Nun sitzen die Amerikaner immer noch auf einem Haufen Munition, weshalb die US-Hersteller ihre Patronen in Europa loszuschlagen versuchen. Die Preise für Jagd- und Sportmunition seien im Keller, sagte Breitmeier.

Gute Geschäfte mit Munition für Behörden

Auf der anderen Seite sei das Geschäft mit Munition für Behörden sehr erfolgreich. Die Kapazitäten sein voll ausgelastet. Man habe von Großaufträgen der Schweizer und der österreichischen Armee profitiert. Zudem würden auch die NATO-Staaten wie Deutschland ihre Munitionsbestände aufstocken. (awp/sda/apa/red)