Konjunktur : Aufschub des Brexit belastet die Industriekonjunktur

Die Fristverlängerung für einen geordneten EU-Austritt Großbritanniens belastet die deutsche Wirtschaft weiter. "Dass die Brexit-Entscheidung vertagt wurde, hat zumindest nicht geholfen", sagte Ifo-Konjunkturexperte Klaus Wohlrabe im Reuters-Interview zum Ifo-Geschäftsklima.

Experte: Unsicherheit noch immer sehr hoch

"Die Unsicherheit ist zwar leicht zurückgegangen, aber noch immer sehr hoch." Das lasse sich an der Bandbreite zwischen optimistischen und pessimistischen Antworten der 9.000 befragten Manager ablesen. Die Entscheidung der EU, Großbritannien eine Fristverlängerung bis 31. Oktober zu gewähren, fiel kurz nach Beginn der laufenden Geschäftsklima-Umfrage.

Der Geschäftsklima-Index für April fiel überraschend um 0,5 auf 99,2 Punkte. "Die Industrie zieht die deutsche Wirtschaft nach unten", sagte Wohlrabe. "Das geht quer durch Maschinenbau, chemische Industrie und Autobranche." Dazu: Ifo-Index für Deutschland: "Abschwung ja, Rezession nein" >>

Dass Unternehmen mit dem Geld für neue Maschinen und Anlagen knauserten, drücke die Stimmung in der Investitionsgüter-Industrie. Zudem seien die Exporterwartungen zurückgegangen. Europas größter Volkswirtschaft machen seit geraumer Zeit der Brexit, Handelskonflikte und die schwächere Weltkonjunktur zu schaffen. "Der Pessimismus nimmt zu", bilanzierte Wohlrabe.

Pessimismus nimmt zu

Gebremst werde der Stimmungsrückgang von der boomenden Baubranche und dem Dienstleistungsgewerbe. "Die Binnenwirtschaft bleibt eine wichtige Stütze", sagte der Ökonom. Das Klima im Handel, das traditionell schwankungsanfällig ist, sei nur leicht zurückgegangen. "Auch die Konsumgüterindustrie läuft ganz gut."

Zum Brexit:

"Vorbereiten auf etwas, von dem niemand weiss, was es wird" >>

Die jüngste Wachstumsprognose von Deutschlands führenden Wirtschaftsinstituten dürfte jetzt nur schwer zu halten sein. Sie hatten die Aussichten für 2019 erst Anfang April auf 0,8 Prozent zurückgeschraubt. "Die Geschäftsklima-Zahlen deuten darauf hin, dass das Wirtschaftswachstum geringer ausfällt als in der Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert", sagte Wohlrabe nun. Der Gemeinschaftswert lag ohnehin höher als die noch kurz vorher vom Ifo-Institut ausgegebene Zahl von 0,6 Prozent. Die deutsche Regierung erwartet mittlerweile eine Zunahme des Bruttoinlandsprodukts von nur noch 0,5 Prozent. (reuters/apa/red)