Antriebstechnik : ATB Spielberg: Der Maschinenpark geht nach China

Antriebstechnik-Hersteller ATB Spielberg
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"Die Produktion in Spielberg wird, wie angekündigt, eingestellt und die betreffenden Produktionsmittel innerhalb der ATB Gruppe aufgeteilt und verlagert", heißt es in einer Aussendung. Der ATB-Gruppe sei bewusst, dass "die intern wie extern geschürten Hoffnungen, die der Belegschaft in den vergangenen Tagen gemacht wurden, nun zerschlagen sind. Jedoch ist es dem Unternehmen nicht möglich die an diesen Meldungen Beteiligten daran zu hindern, Vorgänge in den Medien öffentlich zu diskutieren."

Der Zuschlag ermögliche der ATB-Gruppe allerdings "größtmögliche Kontinuität für Kunden und Lieferanten", heißt es weiter. Die Sanierung der GmbH könne somit planmäßig umgesetzt werden. Außerdem stellte die ATB AG klar: "Es ist richtig, dass in unterschiedlichen Formen Interesse an einer Übernahme der ATB Spielberg geäußert wurde. Doch keiner der öffentlich genannten Investoren hat schließlich ein Kaufangebot beim Sanierungsverwalter eingebracht, das den gegebenen Rahmenbedingungen der Ausschreibung gerecht wurde oder auch nur annähernd betriebswirtschaftlich sinnvoll und umsetzbar gewesen wäre."

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Die ATB-Gruppe habe in den vergangenen Jahren unter anderem mit Gesellschafterzuschüssen von über 20 Mio. Euro sowie auch mit Beiträgen der Belegschaft, um die Produktion am Standort Spielberg gerungen. "Bedauerlicherweise wurde der Gesamtmarkt für die ATB-Gruppe nun von der Covid-19 Krise nachhaltig schwer getroffen, die Produktion in Spielberg kann nicht mehr wirtschaftlich weitergeführt werden."

Das Ende der Produktion in Spielberg bedeute aber nicht, "dass Know-How aus Österreich abgezogen wird: Wie geplant, soll der Fokus in Spielberg in Zukunft auf Forschung und Entwicklung, Vertrieb und Kundenservice liegen, außerdem wird ein Distributionszentrum aufgebaut werden. Überdies ist die Produktion der Elektromotoren, wie sie bisher in Spielberg durchgeführt wurde, weltweit nun weitgehend standardisiert, eine Produktion am High-Tech-Standort Österreich ist hier kostenseitig nicht darstellbar."

Den Mitarbeitern will das Unternehmen für die Unterstützung bei der Verlagerung "mehr als angemessene Incentivierungspakete" anbieten. Zudem sei die ATB-Gruppe bereit, bei Vorliegen entsprechender Konzepte für Fort- und Weiterbildung und zur Abfederung von Härtefällen über entsprechende Hilfsmaßnahmen zu diskutieren.

Kampfansagen von Betriebsrat und Arbeiterkammer

Die Belegschaft will das vom Konkursgericht abgesegnete Angebot für den Maschinenpark der ATB in Spielberg aber nicht kampflos hinnehmen: "Wir gehen in Rekurs und werden die Entscheidung beim Oberlandesgericht bekämpfen", sagte der steirische AK-Präsident Josef Pesserl bei einem eilig einberufenen Pressegespräch gemeinsam mit den Betriebsratsvorsitzenden.

"Der Eigentümer hat das offenbar von langer Hand geplant und strategisch durchgestylt", sagte Pesserl. Die Maschinen sollen zu anderen Standorten der ATB-Gruppe nach Polen und Serbien gebracht werden. 360 Mitarbeiter seien auf die Straße gesetzt worden. "Obwohl es noch keine Entscheidung über die Annahme des Sanierungsverfahrens gibt, weil das erst im Oktober sein wird, werden jetzt Tatsachen gesetzt und zwar durch das Verbringen der Anlagen. Das schlägt für mich dem Fass den Boden aus", sagte Pesserl erzürnt. Man wolle "alles unternehmen, um den Abtransport zu verhindern". Seien die Maschinen einmal weg, würde sich niemand mehr für die "Hülle" in Spielberg interessieren.

Betriebsrat spricht von "Überrumpelungstaktik"

Renate Bauer, Vorsitzende des Betriebsrats der Angestellten den ATB GmbH, glaubt immer noch an den Rechtsstaat und nicht, "dass wir wirklich schon verloren haben". Der Rekurs beim Oberlandesgericht könnte aufschiebende Wirkung haben, dann dürften bis zur Entscheidung des OLG die Maschinen nicht weggebracht werden, doch das sei eine Rechtsfrage, die erst zu klären sei, erklärten Pesserl, Bauer und Michael Leitner, der Betriebsratsvorsitzende der Arbeiter. Letzterer sprach von einer "Überrumpelungstaktik" der Verantwortlichen. "Ich glaube, dass auf diese Situation schon Monate, wenn nicht Jahre daraufhin gearbeitet wurde. Wir wurden belogen und betrogen."

Kritik gab es auch, weil die ATB noch öffentliches Geld durch die Kurzarbeit in Anspruch genommen habe. Leitner unterstrich, dass die Belegschaft einstimmige Beschlüsse habe: "Wir halten zusammen und kämpfen bis zum Schluss. Es ist eine Schweinerei, wie man da mit Leuten und Gesetzen umgeht." Der chinesische Eigentümer würde sich "entledigen" und verlege die Produktion nach Polen.

Leitner wies darauf hin, dass ein Investor gefunden worden sei: Die Hamburger Innovation Holding (HIH), die sogar ohne die Einsicht in die Bücher 9 Mio. Euro hingelegt hätte und auch noch zu einer Aufstockung des Angebots bereit sei - allerdings nicht nur für den Maschinenpark, sondern für das Gesamtpaket. "Das ist ein Strohhalm, an dem wir uns festhalten", sagte Leitner. Bis das OLG entscheidet, werde man den Bescheid des Konkursrichters akzeptieren: "Ein Anketten an Maschinen ist zurzeit nicht denkbar, weil wir würden uns damit strafbar machen und Entlassungen wären denkbar", so Leitner. Doch sollte das OLG dem Rekurs folgen, wären solche Maßnahmen wieder denkbar, damit die Maschinen nicht abtransportiert werden.

Offen ist, was am Montag passiert: Da kommen die Mitarbeiter aus dem Betriebsurlaub zurück in die Firma. Eine Produktion ist trotz voller Auftragsbücher laut Bauer aber nicht mehr geplant. "Es ist unklar, was am Montag passiert." Pesserl nannte es menschenverachtend, dass durch den Betriebsurlaub den Mitarbeitern die Möglichkeit sich zu wehren genommen werden sollte. Er verstehe nicht, warum im Konkursverfahren derzeit nur die Variante und das Interesse des Schuldners ermöglicht und berücksichtigt werde. "Die gesetzlichen Bestimmungen müssen da evaluiert und verbessert werden." (apa)