Salzburg AG : Arno Gasteiger: Unser Fördersystem "ist großer Unfug"

Gasteiger
© Helene Waldner

Vor einigen Tagen hat die Bundesregierung Ihren Fahrplan zur Erreichung der Klimaschutzziele veröffentlicht. Halten Sie die Strategie für schlüssig? Arno Gasteiger: Aus den ersten Erklärungen entnehme ich zwar, dass die Bundesregierung vorhat, die Klimaziele zu erreichen, aber wie sie das schaffen will, wird nicht klar. Was wir brauchen, ist ein tragfähiges Konzept, das einige Grundsätze berücksichtigt. Dazu gehört die Einführung einer Kosten-Nutzen-Analyse. Da nur begrenzte Mittel zur Verfügung stehen, müssen die Projekte im Bereich erneuerbare Energien gefördert werden, die am meisten bringen. Das ist bisher nicht der Fall. Zudem müssen die Widersprüche in der Klimapolitik aufgelöst werden. Können Sie ein Beispiel geben? Nehmen Sie nur die Kraft-Wärme-Kopplung, die derzeit über das Ökostromgesetz massiv gefördert wird. Jetzt geht die Regierung hin und will eine CO2-Steuer einführen, also eine zusätzliche Belastung dieser Energieform. Oder die Wasserkraft. Hier werden wir von Politik und Bevölkerung laufend aufgefordert, die Erzeugungskapazitäten zu erhöhen. Dennoch wird eine neue Wasserrahmenrichtlinie auf den Weg gebracht, bei der erhebliche Einbußen drohen. Mit der einen Hand zu geben und mit der anderen zu nehmen, das halte ich für großen Unfug. Eine Faustregel besagt, dass rund 20 Prozent des Fördervolumens von der Administration geschluckt werden. Wäre es da nicht wichtig, die Mittel effizienter einzusetzen? Wenn ich verantwortlich wäre, würde ich den Wust an Förderungen abschaffen und im Gegenzug eine steuerliche Begünstigung von Investitionen in erneuerbare Energien für Haushalte und Unternehmen einführen. Das wäre eine Maßnahme, die nicht einmal der Finanzminister fürchten müsste. Denn der dadurch entstehende Einnahmeausfall würde durch die höheren Investitionen mehr als ausgeglichen. Natürlich gibt es einen Nachteil, aber der ist verschmerzbar. Der Minister könnte keine Briefe mehr schreiben, in denen er die Begünstigten über eine positive Förderzusage informiert. Werden Sie in der nächsten Zeit die Möglichkeit haben, Ihren Vorschlag mit dem Finanzminister zu besprechen? Vor einigen Jahren habe ich ein Memorandum zu dem Thema geschrieben. Wirtschaftminister Martin Bartenstein stimmte mir damals zu, meinte aber, der Vorschlag lasse sich nicht umsetzen. Ich werde aber nicht locker lassen. Nun zur Salzburg AG. Ihr Unternehmen ist in den Bereichen Energie, Telekommunikation und Verkehr tätig. Haben Sie durch die breite Aufstellung die Wirtschafts- und Finanzkrise besser bewältigen können als ein reiner Energieversorger? Wir sind sicherlich in einem höheren Ausmaß krisenresistent als Unternehmen, die sich ausschließlich auf einen Bereich konzentrieren. Das zeigen auch unsere Zahlen für das vergangene Jahr. Wir konnten nicht nur den Umsatz deutlich auf 1,5 Milliarden Euro steigern, sondern auch das Ergebnis - und zwar um etwa zehn Prozent auf rund 33 Millionen Euro. Wenn Sie einen Blick auf die einzelnen Sparten werfen - wo sind Sie besonders stark gewachsen und wo mussten Sie Einbußen hinnehmen? Im Strombereich ist es uns insbesondere durch die wachsende Handelstätigkeit gelungen, Rückgänge bei den Gewerbekunden auszugleichen. Aber Salzburg ist natürlich kein klassisches Industrieland, so dass uns der geringere Energieverbrauch der produzierenden Unternehmen weniger stark getroffen hat als beispielsweise Oberösterreich. Zudem konnten wir ein sehr gutes Ergebnis im Telekommunikationsbereich erzielen und die Abgänge im Verkehr etwas verringern. Welche Erwartungen haben Sie für dieses Jahr? Es sieht danach aus, dass die Wirtschaft wieder Fahrt aufnimmt und dass auch die Krisenbranchen des Vorjahres wieder wachsen, wenngleich auf einem geringeren Niveau. Das macht uns zuversichtlich für unsere eigene Geschäftsentwicklung.

Das Anspringen der Konjunktur hat bereits zu einem Anstieg der Strompreise an den Börsen geführt. Wann müssen Ihre Kunden damit rechnen, dass Sie die höheren Einkaufspreise an Sie weitergeben werden? Wir planen derzeit keine Strompreiserhöhungen, zumal die Börsepreise wieder nachgeben. Die Salzburg AG investiert Jahr für Jahr große Summen in die Infrastruktur. Wo liegen heuer die Schwerpunkte? Wir werden dieses Jahr rund 130 Millionen Euro investieren. Davon fließt ein großer Teil in den Ausbau der Netze sowie in die Errichtung neuer Kraftwerke. Im Herbst wollen wir mit dem Bau eines Kraftwerkes im Norden der Landeshauptstadt beginnen. Die ‚Sohlstufe Lehen‘ wird ein Projekt mit einer Investition von rund 85 Millionen Euro und einer Jahresleistung von 80 Gigawattstunden. Zudem planen wir den Bau kleinerer Wasserkraftwerke in Hollersbach und in Dientenbach, den Ausbau der Fernwärme-Netze und große Investitionen in das Stromnetz. Sie haben sich der Verbreitung erneuerbarer Energien verschrieben. Wie wollen Sie erreichen, dass das Land Salzburg unabhängiger von fossilen Energieträgern wird? Wir verhandeln derzeit mit den Gemeinden Neumarkt, Bergheim und Freilassing in Deutschland über die Umsetzung unserer Gesamtenergie-Konzepte, den sogenannten ‚Ökoenergieparks’. Hierbei erfolgt die Energieerzeugung ausschließlich aus erneuerbaren lokalen Rohstoffen wie Biomasse und Sonnenenergie. Um auch die Verwendung vor Ort zu gewährleiten, sieht das Konzept zudem die Errichtung von Biogas- und Elektrotankstellen vor. Die E-Mobilität ist derzeit Ihr großes Thema. Wollen Sie der Regierung zuvorkommen, die erst jüngst einen stärkeren Beitrag vom Verkehrsbereich zur Senkung der CO2-Emissionen gefordert hat? In Salzburg ist der Verkehr mit einem Anteil von rund 39 Prozent der mit Abstand größte Verursacher von Treibhausgasemissionen. Wenn es uns nicht gelingt, hier anzusetzen, wird es unmöglich sein, die österreichischen Klimaschutzziele zu erreichen. Neben dem öffentlichen Nahverkehr, den wir aus umweltfreundlichem Wasserkraftstrom versorgen, engagieren wir uns in zwei Bereichen. Zum einen forcieren wir Erdgasfahrzeuge, die auch mit Biogas betankt werden können. Die zweite Schiene ist die Elektromobilität. Hier haben wir kürzlich mit Raiffeisen Leasing und der Schweizer Advisory House die Firma „The Mobility House“ gegründet, über die wir jetzt Komplettangebote im Bereich E-Mobilität vertreiben. Bisher haben wir rund 300 einspurige Elektrofahrzeuge verleast. Ab April werden wir die ersten Autos im Leasing und zum Kauf anbieten. Umweltminister Niki Berlakovich hat bereits einen E-Auto der Marke ‚Think‘ von uns als Dienstwagen übernommen. Wir wollen uns aber nicht auf nur einen Hersteller konzentrieren, sondern werden unser Angebot laufend erweitern. Und mit welchen Kosten muss ein Unternehmen rechnen, das seine Flotte umstellen will? Der Preis ist noch nicht abschließend kalkuliert. In der Anschaffung sind die Elektro-Autos auf Grund der Batterien noch sehr teuer. Die Kosten des laufenden Betriebs hingegen machen nur rund ein Drittel eines Diesel-Fahrzeuges aus. Welche Bedeutung soll der Geschäftsbereich E-Mobilität künftig für Ihr Unternehmen haben? Wir sehen in der Elektromobilität eine große Zukunft und wollen auf diesem Markt mehr sein als ein regionaler Energiedienstleister. Zusammen mit unseren Partnern planen wir, auch in Länder wie die Schweiz und Deutschland zu expandieren. Insgesamt werden wir in den nächsten drei Jahren rund 30 Millionen Euro in die E-Mobilität investieren. Es gibt auch eine Plattform von Verbund, Magna und Siemens namens „Austrian Mobile Power". Warum haben Sie sich entschieden, Ihren eigenen Weg zu gehen? Das liegt daran, weil wir unterschiedliche Ziele verfolgen. Die AMP versteht sich eher als Forschungs- und Entwicklungsprojekt. Wir hingegen wollen die praktische Anwendung forcieren, also den Vertrieb. Gibt es weitere Bereiche, in denen Sie künftig stärker wachsen wollen? Wir wollen in der Telekommunikation unsere Position weiter ausbauen. Da wir hier über sehr leistungsstarke Leitungen verfügen, sehen wir in diesem Bereich großes Potenzial. Nicht nur beim Kabelfernsehen auch beim Haushaltsstrom sind sie Marktführer. Da sind dem Wachstum aber doch enge Grenzen gesetzt? Ja, das ist richtig. Im Strombereich gibt es für uns kein Wachstum mehr. Hier geht es uns darum, die Kunden zu halten. Das wollen wir mit fairen Preisen erreichen. Unser Ziel ist hier nicht die Gewinnmaximierung. Das ist vielleicht eine ungewöhnliche Strategie, aber sie ist gedeckt durch unsere Mehrheitseigentümer, das Land und die Stadt Salzburg. Wir danken Ihnen für das Gespräch.

Ende der 90er Jahre verhinderte Gasteiger den Verkauf der damaligen Salzburger Stadtwerke AG an die Energie AG Oberösterreich, um einen Zusammenschluss von Salzburger Stadtwerken mit der SAFE (Salzburger AG für Energiewirtschaft) durchzusetzen. Seit 1. September 2000 ist er als Vorstandssprecher der fusionierten Salzburg AG tätig und führt das Unternehmen gemeinsam mit seinem Vorstandskollegen August Hirschbichler.