Stahlindustrie : Arcelormittal: Beim Stahlkonzern Ilva sollen 6000 Beschäftigte weg

Im Zuge des Verkaufs des unter Sonderverwaltung stehenden Stahlwerks Ilva im süditalienischen Tarent sollen 6.000 der insgesamt 14.200 Jobs wegrationalisiert werden. Dies geht aus dem Vorschlag des weltgrößten Stahlhersteller Arcelor Mittal hervor, der zusammen mit dem italienischen Produzenten Marcegaglia Ilva für 1,8 Mrd. Euro übernehmen will. Mehr dazu hier: Milliardendeal: Arcelormittal sichert sich das Stahlwerk Ilva >>

Die Gewerkschaften erklärten die im Übernahmeplan enthaltenen Jobkürzungen für unannehmbar und riefen für Donnerstag einen vierstündigen Streik aus. "Der Preis, der die Belegschaft für die Übernahme zahlen muss, ist zu hoch", kommentierte der Chef der italienischen Metallgewerkschaft FIOM, Maurizio Landini.

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Umfassende Modernisierung des Krakauer Stahlwerks beendet >

Italiens Regierung prüft jetzt alternative Angebote

Die Regierung in Rom prüft inzwischen auch noch das Angebot des Konsortiums AcciaItalia, unter der Führung des indischen Konzerns Jindal Steel and Power. Auch dieses Konsortium will jedoch tausende Jobs wegrationalisieren, um Ilva effizient zu gestalten. 4.800 Stellen sollen geopfert werden.

Für den italienischen Premier Paolo Gentiloni ist die Zukunft des süditalienischen Stahlwerks besonders wichtig, da seine Regierung es mit staatlichen Darlehensgarantien und weiteren Sonderbehandlungen über Wasser hält. Dies hat bereits den Unmut anderer Stahlkonzerne und Brüssels ausgelöst.

Ilva bleibt ein sehr problematischer Standort

Ilva hatte zu Hochzeiten geschätzte neun Millionen Tonnen Stahl im Jahr produziert - das entsprach etwa einem Drittel der italienischen Gesamtproduktion. Das Stahlwerk in Tarent steht seit 2013 unter besonderer staatlicher Aufsicht.

Hintergrund waren Vorwürfe gegen die Eigentümerfamilie Riva, die in Kauf genommen haben soll, dass giftige Emissionen aus der Anlage in die Stadt zogen. Die Emissionen werden für mindestens 400 vorzeitige Todesfälle verantwortlich gemacht.

Lakshmi Mittal: Indischer Mogul mit ambivalenter Bilanz

Arcelormittal entstand aus der Fusion des luxemburgischen Stahlkonzerns Arcelor und des Unternehmens Mittal, das unter Kontrolle des indischen Industriemoguls Lakshmi Mittal und seiner Familie steht. Mit der Fusion hat sich der Inder vor elf Jahren endgültig zum "König des Stahls" gekrönt.

Mittal, der aus der Familie eines indischen Stahlindustriellen stammt, hat sich sein Reich durch Übernahmen von Stahlwerken in aller Welt zusammengekauft - finanziert vor allem durch Schulden. "Ich kaufe Unternehmen, fusioniere, konsolidiere sie, reduziere ihre Kosten, mache sie sehr effizient", beschrieb der Milliardär einst sein Geschäftsmodell. Doch heute ist die Bilanz des Milliardenprojekts mehr als zwiespältig - hier ein Hintergrundbericht dazu: ArcelorMittal: Zehn Jahre nach der Fusion ist der Glanz verblasst >>

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Bei einem Treffen mit 3.500 Mitarbeitern des Metallwerks von Ilva in der Vorstadt von Genua, Cornigliano, hat der Papst Unternehmer aufgefordert, die Würde der Arbeitnehmer mehr zu respektieren. "Es gibt keine gute Wirtschaft ohne gute Unternehmen, die Verantwortung für die Menschen und die Umwelt übernehmen", sagte der Papst.

"Kein guter Unternehmer mag es, seine Mitarbeiter zu entlassen. Wer die Probleme seines Unternehmens mit Kündigungen zu lösen hofft, ist kein Unternehmer, sondern ein Händler. Heute verkauft er die Leute und morgen seine Würde", so der Papst. Ein guter Unternehmer müsse in erster Linie selbst ein guter Arbeiter sein.

Arbeit sei eine menschliche Priorität, die jedoch zu oft nicht genug gefördert werde. Es sei wichtig, allen Menschen nicht ein Einkommen, sondern eine Arbeit zu sichern. "Das Ziel ist nicht ein Einkommen für alle Menschen, sondern eine Arbeit für alle. Eine finanzielle Unterstützung seitens des Staates garantiert zwar den Unterhalt, verleiht aber keine Würde und löst nicht die Probleme. Ohne Arbeit für jeden Menschen kann es keine Würde für jeden geben", sagte der Heilige Vater.

Papst Franziskus: Heutige Wirtschaftsordnung ist "unerträglich"

Der Papst warnte vor einer Wirtschaft in den Händen von Spekulanten. "Hinter Spekulanten steckt eine unmenschliche Wirtschaft", so Franziskus.

Bereits in der Vergangenheit hat Franziskus immer wieder betont, zahlreiche heute übliche Reformen der Arbeitswelt seien nicht Schritte in der Modernisierung, wie sie Manager und Unternehmensberater bezeichnen, sondern "abartig". Zahlreiche Arbeitsverträge der Gegenwart seien nichts als "modernes Sklaventum".

"Das System braucht Kriege"

In einem früheren Interview dazu hat der Papst gegenüber der spanischen Zeitung "La Vanguardia" das heute weltweit dominierende Wirtschaftssystem als "unerträglich" bezeichnet. "Wir schließen eine ganze Generation junger Leute aus", so das Oberhaupt der katholischen Kirche.

"Damit das System fortbestehen kann, müssen Kriege geführt werden, wie es die großen Imperien immer getan haben." Einen Dritten Weltkrieg könne man in Zeiten von Atombomben nicht mehr ohne umfassende Bedrohung für sich selbst führen - und daher starten Menschen statt dessen regionale und wirtschaftliche Kriege, so der Papst.

"Das Wirtschaftssystem sollte im Dienst des Menschen stehen. Aber wir haben das Geld in den Mittelpunkt gerückt, das Geld als Gott."

(red/APA)