Verdacht auf Abgasmanipulationen : Abgasaffäre: Opel bekommt Vorladung des deutschen Kraftfahrtbundesamts
Das deutsche Verkehrsministerium hat den Autohersteller Opel wegen Medienberichten über angebliche Abgasmanipulationen vorgeladen. Das Gespräch vor der Untersuchungskommission sei für nächste Woche terminiert, sagte heute ein Ministeriumssprecher in Berlin. Bei Opel ist nach einem Bericht des Magazins "Der Spiegel" der Kleinwagen Astra mit einer Software ausgestattet, die die Abgasreinigung in vielen Fahrsituationen ausschalten solle. Der Ministeriumssprecher sagte, die Berichte seien dem Kraftfahrtbundesamt bereits zur Prüfung vorgelegt worden.
Gemeinsame Recherchen mit dem ARD-Magazin "Monitor" und der Deutschen Umwelthilfe (DUH) hätten ergeben, dass die Abgase bei dem Massenmodell des Rüsselsheimer Autobauers erst ab einer Außentemperatur von 17 Grad gereinigt würden, berichtete "Der Spiegel" vorab. Auch bei schnellem Beschleunigen werde die Abgasreinigung abgeschaltet. Ähnliche Abschalteinrichtungen weise der Familienwagen Opel Zafira auf, hatten die Medien am Donnerstag berichtet. Opel hatte den Vorwurf zurückgewiesen, beim Zafira eine illegale Abschalteinrichtung einzusetzen. Beim Astra wären deutlich mehr Fahrzeuge betroffen.
Abgasreinigung soll in Höhenlagen aussetzen
Den Vorwürfen zufolge soll eine Software die Abgasreinigung bei hohen Drehzahlen oder einem Tempo oberhalb von 145 Kilometern pro Stunde abschalten. Opel wies dies zurück.
Auch bei niedrigem Luftdruck - also in Höhenlagen - werde die Reinigung der Abgase gestoppt, heißt es in den Berichten. Dies sei durch das Auslesen der geheimen Motorsteuerung sowie durch Tests auf Prüfständen und auf der Straße nachgewiesen worden.
Opel betonte, man habe keine Software eingesetzt, die feststellt, ob ein Auto einem Abgastest unterzogen wird. Das Unternehmen bekräftigte in Rüsselsheim ein mehrfach wiederholtes Statement.
Opel diesmal zurückhaltend
Zu den weitergehenden Vorwürfen blieb Opel zurückhaltend. So könnten die Ergebnisse nicht bewertet werden, weil Methoden und Protokolle der Testaktivitäten nicht zur Verfügung gestellt worden seien, teilte die General-Motors-Tochter mit. Aufgrund eigener und unabhängiger Messungen glaube man aber nicht, dass die kritisierten Werte objektiv und wissenschaftlich fundiert seien.
Die Abschaltung soll den Berichten zufolge auch innerhalb des sogenannten Thermofensters geschehen, das bei den Untersuchungen des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) bei vielen Modellen festgestellt worden war.
Opel hatte gegenüber den Behörden eingeräumt, dass die Abgasreinigung beim Zafira nur bei Außentemperaturen zwischen 20 und 30 Grad im vollen Umfang arbeitet. Wie andere Hersteller hatte sich Opel dabei auf den von der EU akzeptierten Bauteilschutz berufen.
Frühere Vorwürfe der DUH wegen angeblich erhöhter Abgaswerte hatte das Unternehmen stets zurückgewiesen. Bisher hat in Deutschland einzig der Rivale Volkswagen im September 2015 gezielte Manipulationen bei Dieselfahrzeugen eingeräumt und damit den Abgas-Skandal ausgelöst. Auch bei anderen Herstellern waren seither auffällige Abgaswerte festgestellt worden - sie betonten aber stets, das geschehe innerhalb der geltenden Regeln.
Die DUH geht bei Opel nun davon aus, dass die Fahrzeuge offenbar gezielt so gebaut wurden, dass sie nur in Ausnahmefällen sauber erscheinen, kritisierte Umwelthilfe-Geschäftsführer Jürgen Resch. "Das Bundesverkehrsministerium hat in den letzten Monaten aktiv weggeschaut. Es wurde eben nicht nachgeprüft, ob tatsächlich Abschalteinrichtungen, die eindeutig verboten sind, zusätzlich zu den Temperaturabschaltungen verbaut sind", sagte er.
Eine unzulässige Abschalteinrichtung hatte das KBA unter 53 untersuchten Modellen nur bei Volkswagen entdeckt. Der Opel Zafira war allerdings im Fahrbetrieb mit stark überhöhten Stickoxidwerten aufgefallen. Der Hersteller will die betroffenen Autos ab Juni in einer Serviceaktion neu einstellen. Das Bundesverkehrsministerium erklärte am Donnerstag, dass die neuerlichen Vorwürfe vom KBA überprüft würden und dafür detaillierte Unterlagen über die neuen Tests willkommen seien.
Die Umweltorganisation Greenpeace forderte den Rücktritt von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU). "Wenn Dobrindts jüngster Untersuchungsbericht sogar massive Schummeleien bei Opel übersieht, dann ist seine gesamte Aufklärungsarbeit der vergangenen sieben Monate wertlos. Dobrindt muss jetzt Platz machen für einen Verkehrsminister, der diesen Skandal tatsächlich aufklärt", verlangte Greenpeace-Sprecher Tobias Riedl. (reuters/dpa/apa/red)