Autoindustrie : Abgasaffäre: Daimler wieder unter Druck

Ein neuer Verdacht in der Diesel-Affäre hat Anleger von Daimler zu Wochenbeginn aufgeschreckt. Das Papier des Stuttgarter Autobauers verlor am Montag zeitweise 1,3 Prozent, grenzte die Verluste später aber etwas ein. Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) hat ein Anhörungsverfahren gegen den Stuttgarter Autobauer wegen des Verdachts auf eine unzulässige Abschalteinrichtung eingeleitet.

Laut "Bild am Sonntag" soll Daimler eine umstrittene Softwarefunktion in der Motorsteuerung bei Werkstattaufenthalten "unbemerkt" entfernt haben. Der Konzern widersprach dem: "Es stimmt nicht, dass wir das heimlich getan hätten", betonte eine Sprecherin. Analysten zeigten sich besorgt, dass der Verdacht dem Ruf von Daimler weitere Kratzer hinzufügen könne. Unklar sind die finanziellen Auswirkungen.

Daimler hatte am Sonntag bestätigt, dass ein Anhörungsverfahren läuft und erklärt, man kooperiere mit dem KBA. Das deutsche Verkehrsministeriums teilte mit, es handle sich um ein laufendes Verwaltungsverfahren aus Herbst 2018. Vor dessen Abschluss könne nichts mitgeteilt werden.

Der "BamS" zufolge sind 60.000 Fahrzeuge des Geländewagenmodells GLK 220 CDI mit der Abgasnorm Euro 5 betroffen, die zwischen 2012 und 2015 produziert wurden. Das KBA ist demnach bereits im Herbst 2018 auf die Softwarefunktion bei dem Motor OM 651 gestoßen. Weitere Abgasmessungen hätten den Verdacht erhärtet. Demnach wurde durch die beanstandete Softwarefunktion der gesetzliche Grenzwert für giftige Stickoxide nur eingehalten, wenn eine spezielle Temperaturregelung aktiviert war.

Der "Spiegel" berichtete auf Grundlage eigener Recherchen, diese halte den Kühlmittelkreislauf künstlich kälter und verzögere die Aufwärmung des Motoröls. Dadurch blieben die Stickoxid-Werte auf dem Prüfstand unterhalb der gesetzlichen Grenzwerte. Im Straßenbetrieb werde die Funktion dagegen deaktiviert und der Schadstoffausstoß pro Kilometer deutlich überschritten. Ähnliche Softwarefunktionen hatten auch bei dem Abgasskandal von Volkswagen eine Rolle gespielt.

Die konkreten Konsequenzen für den Konzern blieben zunächst unklar. "Das Kraftfahrt-Bundesamt hat offensichtlich etwas gefunden, was sich anhört, als könnte es illegal sein", sagte Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler. Die finanziellen Folgen dürften sich in Grenzen halten. Pieper rechnet mit maximal 100 Mio. Euro. Größer wären die Folgen allerdings, sollte sich der Verdacht auf die USA ausdehnen, befürchtet Frank Schwope von der NordLB. "Ich glaube, dass dann ein einstelliger Milliardenbetrag auf Daimler zukommen könnte", sagte der Autoanalyst. Der Investmentberater Evercore ISI gab zu bedenken, dass noch unklar sei, ob über die 60.000 GLK hinaus weitere Fahrzeugmodelle betroffen seien. "Dies könnte zu einer vergrößerten Rückrufaktion führen, die sich in diesem Jahr auf die Rentabilität auswirken könnte", erklärte Evercore-Analyst Arndt Ellinghorst. (reuters/apa/red)