Boni oben, Kürzungen unten : Wie Volkswagen sich vom Volk entfernt

Bei Volkswagen wechselt Hans Dieter Pötsch vom Posten des Finanzvorstands an die Spitze des Aufsichtsrats. Der Wechsel werde ihm mit zehn Millionen Euro versüßt - das seien 8,5 Millionen mehr als sein bisheriges Grundgehalt, berichtet das "Handelsblatt".

Bekanntlich drohen dem Konzern in den nächsten Wochen Strafen in Milliardenhöhe sowie langwierige Gerichtsverhandlungen mit Finanzfirmen - maßgeblich verursacht durch Fehler des Managements. Angesichts der Krise, die den gesamten Konzern erfasst hat, hatte sich Vorstandschef Matthias Müller Ende des vergangenen Jahres für eine konzernweite Kürzung der Managerboni ausgesprochen. "Es ist klar, dass wir den Gürtel enger schnallen müssen, auf allen Ebenen, vom Vorstand bis zum Tarif-Mitarbeiter", sagte er damals der "Wirtschaftswoche". Auch hier müsse die Unternehmensspitze Vorbild sein.

Zehn Millionen Euro für den Wechsel in den Aufsichtsrat

Zumindest beim jüngsten Wechsel von Hans Dieter Pötsch und den damit verbundenen Zahlungen wollen Medien in Deutschland eine wirkliche Vorbildfunktion nicht erkennen. So schreibt in einem Kommentar dazu Gabor Steingart, Herausgeber des "Handelsblatts", Pötsch trage Mitverantwortung für die schwerste Krise des VW-Konzerns. Auch die Untersuchungen zu seiner Rolle beim Abgasskandal dauerten noch an.

Gleichzeitig mit dem Zehn-Millionen-Deal müsse die VW-Belegschaft wegen des Abgasskandals - obwohl gänzlich unbeteiligt - den Gürtel enger schnallen. Steingart weiter: "Und es ist eben der Aufsichtsratschef, der dem Vorstand helfe, den Riemen der Arbeiter und Angestellten stramm zu ziehen, derweil er den eigenen gerade um zwei Löcher geweitet hat."

"Nie war Volkswagen weiter vom Volk entfernt"

Das Fazit der deutschen Wirtschaftszeitung fällt bitter aus: "Nie war jene große traditionsreiche Firma, die sich Volkswagen nennt, weiter vom Volk entfernt."

Volkswagen hat die Berichte zu Zahlungen an Pötsch als Spekulation zurückgewiesen. Ein VW-Sprecher sagte dazu lediglich: "Der Volkswagen-Konzern steht dazu, die eingegangenen vertraglichen Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis jedes Mitarbeiters zu erfüllen - das schließt das Vertragsverhältnis mit Herrn Pötsch als Vorstand ein."

Volkswagen will genaue Zahlen Ende April vorlegen

Auch wegen der Bonuszahlungen für andere Vorstände gibt es bei Volkswagen Streit, wie "Spiegel Online" berichtet. Demnach wollen Top-Manager trotz der massiven Auswirkungen des Abgasskandals nicht auf ihre Boni verzichten. Der "Spiegel" zitiert einen VW-Betriebsrat mit den Worten: "Dem Management fehlt offenbar jedes Gespür für den Ernst der Lage."

Auch diesen Bericht hat Volkswagen als "Spekulation" zurückgewiesen. Der Konzern lege seine Geschäftszahlen am 28. April vor. Im Geschäftsbericht informiere man auch über Gehalt und Boni für die Manager.

Schwere Vorwürfe auch des Betriebsrats

Unbestritten ist allerdings das neuerliche Zerwürfnis zwischen dem Betriebsrat des größten europäischen Autobauers und den Konzernchefs. Die Vertreter der Arbeitnehmer sprechen von einem "gravierenden Vertrauensproblem" und fürchten, dass das Management die Lage bewusst ausnutzt, um Mitarbeiter rauszuwerfen - mehr dazu hier.

(pm/ag./apa)

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