Digitalisierung : Was Mitarbeiter und Führungskräfte von der Arbeit der Zukunft erwarten
Die Intention war wohl richtig, die Durchführung war es jedenfalls nicht. Zwar konnten die Mitarbeiter bis zu acht Stunden täglich von unterwegs arbeiten, doch gutgeschrieben wurden dafür maximal sechs Arbeitsstunden. Die Folge: Das Teleworking wurde weit seltener genutzt als intendiert und erwartet. Und die Verärgerung der Mitarbeiter des großen IT-Dienstleisters, so hört man, ist eine bleibende.
Erzählungen wie diese kennt auch Herbert Kling. „Die Unternehmen wissen natürlich, dass die Digitalisierung unsere Arbeitswelt bereits jetzt massiv verändert“, sagt der Geschäftsführer des Online-Markt- und Meinungsforschungsinstituts meinungsraum.at, „aber sie haben immer wieder Probleme, dafür auch passende Strategien zu entwickeln.“
Im Frühjahr 2016 befragte meinungsraum.at 500 Erwerbstätige und 200 Inhaber, Geschäftsführer und andere HR-Verantwortliche österreichischer Firmen zu den Auswirkungen der Digitalisierung auf die Arbeitswelt. Dass es solche geben wird, scheint unbestritten:
- Fast zwei Drittel der Personalverantwortlichen rechnen mit deutlichen Veränderungen,
- knapp 80 Prozent sehen darin auch zumindest „eher“ eine Chance für ihr Unternehmen,
- und immerhin rund ein Viertel erwartet „ganz sicher“, dass die Digitalisierung in ihrer Firma auch zum Verlust von Arbeitsplätzen führen wird.
Gleichzeitig werden in der Studie zwei Elemente deutlich: Die HR-Verantwortlichen sehen den Auswirkungen der Digitalisierung auf die Arbeitswelt deutlich positiver entgegen als ihre Mitarbeiter. Und: Was da wirklich auf die Unternehmen zukommt, weiß offenbar niemand so genau.
Teleworking
Arbeiten von daheim? Das können sich sowohl Mitarbeiter als auch Personal-Verantwortliche prinzipiell vorstellen. Wobei die Führungsebene die diesbezügliche Nachfrage deutlich höher einschätzt, als das die Mitarbeiter bestätigen. Die Vor- und Nachteile des Teleworking werden allerdings recht unterschiedlich gesehen (siehe Grafik). Vor allem fällt auf, dass die Chefs als größten Nachteil den Verlust der Kontrolle über ihre Mitarbeiter sehen, während diese in erster Linie den Mangel an persönlichen Kontakten fürchten.
Ähnlich unterschiedlich sind die Erwartungen an die Zukunft. In den Führungsebenen rechnet man deutlich stärker damit, dass sich flexible Arbeitszeitmodelle und Teleworking durchsetzen werden – und dass die Mitarbeiter jederzeit zumindest per Mail erreichbar sein werden.
Personalwesen
Auch das Human Resource Management wird sich mit der Digitalisierung wandeln. Davon gehen jedenfalls 90 Prozent der HR-Manager aus. Erwartet werden etwa effizienteres und schnelleres Recruiting, bessere Dokumentation, aber auch weniger soziale Kontakte. Spannend jedoch: Satte 49 Prozent der Befragten können nicht konkretisieren, was sich da eigentlich verändern wird. „Sie wissen, dass da etwas auf sie zukommt“, interpretiert das meinungsraum.at-Chef Herbert Kling, „aber die meisten haben keine Ahnung, was genau.“
Recruiting
Das vereinfachte Finden passender Mitarbeiter gilt als einer der größten Vorteile der Digitalisierung der Arbeitswelt. In der Praxis jedoch, das ergibt die Studie, sind Empfehlungen nach wie vor der mit Abstand wichtigste Recruiting-Kanal, gefolgt vom guten, alten Zeitungsinserat. Erst an der dritten Stelle folgen Inserate auf Job-Portalen – und weit abgeschlagen liegen die Social Media.
Weit auseinander liegen interessanterweise die Einschätzungen hinsichtlich Online-Bewerbungstests, jener Recruiting-Methode also, die maximalen Ausschluss persönlicher Befindlichkeiten garantieren soll. Während rund drei Viertel der befragten Mitarbeiter überhaupt kein Problem damit hätten, sich einem solchen Verfahren zu unterziehen, zeigen sich die HR-Verantwortlichen eher skeptisch: Befürchtet wird vor allem, dass der mangelnde persönliche Kontakt während des Auswahlverfahrens negative Auswirkung hätte. Herbert Kling glaubt das nicht: „Die breite Zustimmung, auf die solche Tests bei den Mitarbeitern stießen, lässt eher erwarten, dass die Trefferquote tendenziell stiege.“
Bernhard Fragner