Eisen und Stahl : Voestalpine-Chef Eder stellt Standort Österreich in Frage

Beim Lenker des börsennotierten Stahlkonzerns Voestalpine, Wolfgang Eder, steht der Standort Österreich für die Stahlerzeugung längst am Prüfstand. "Wir kommen in Linz bei zwei von drei und in Donawitz bei beiden Hochöfen in zehn Jahren an des Ende des Lebens - bis 2019/20 muss eine Entscheidung über den weiteren Verbleib fallen", sagte er heute, Montag, vor Journalisten in Wien.

"Wir haben die nächsten fünf Jahre für die Entscheidung und dann fünf Jahre für die Umsetzung", umriss Eder die Vorlaufzeiten für die strategische Planung und den Aufbau neuer Hochöfen. Ein wesentlicher Punkt für die Standortstrategie ist die Klima- bzw. Energiepolitik der EU.

"Bedürfnisse der Realwirtschaft" im Fokus

Dabei setzt Eder unverhohlen Hoffnung in die ab November neu besetzte EU-Kommission: "Es deutet einiges darauf hin, dass man die Zukunft Europas in die Hand nehmen will", so der CEO unter Verweis auf dringend anstehende Themen wie Umweltpolitik (Stichwort Emissionsreduktionsziele und Zertifikate-Handel), Steuerpolitik und Pensionssystem.

Ob die CO2-Emissionen bis 2030 um 35, 40 oder 45 Prozent gegenüber 1990 gesenkt werden müssen entscheidet der EU-Rat Ende Oktober. "Da macht ja noch die bisherige Barroso-Kommission die Vorschläge - in den Prozess ist die neue Kommission (unter Jean-Claude Juncker, Anm.) noch nicht involviert", räumte Eder ein. Er hege aber Hoffnung, "dass im Oktober stärker auf die Bedürfnisse der Realwirtschaft eingegangen wird".

"Vernünftige Energiepolitik"

Letztlich gehe es um konkurrenzfähige Rahmenbedingungen für die energieintensive Industrie in Europa. "Ich gehe davon aus, dass die neue Kommission mehrheitlich Verständnis für eine 'vernünftige Energiepolitik' hat." In den kommenden fünf Jahren müsse die Wirtschaft massiv entlastet werden - "sowohl in Österreich als auch auf europäischer Ebene".

"Die Entscheidung im Oktober werden wir so nehmen, wie wir gelernt haben, mit solchen Beschlüssen umzugehen - im Bewusstsein, dass es am Ende 2018/19 wieder ganz anders aussehen kann", meinte er. Das weitere Schicksal der Hochöfen in Österreich wird der Herbst-Beschluss der EU also noch nicht besiegeln.

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Der börsennotierte Stahlkonzern voestalpine leidet derzeit nicht unter den EU-Sanktionen gegen Russland. "Russland ist für uns im Projektgeschäft attraktiv, wir haben aber keine permanenten Lieferbeziehungen", erklärte Konzernchef Wolfgang Eder heute, Montag, vor Journalisten in Wien.

Die projektbezogenen Aufträge in dem Land bewegen sich den Angaben zufolge in einer Größenordnung von 100 bis 200 Mio. Euro, relativierte Eder unter Verweis auf den Jahresumsatz der voestalpine von zuletzt gut 11 Mrd. Euro. Der oberösterreichische Technologiekonzern liefert beispielsweise Schienen für Hochgeschwindigkeitszüge in Moskau und St. Petersburg oder Gas-Pipelinerohre.

In der Gasproduktion ist die voestalpine laut Eder weitgehend unabhängig: "Wir erzeugen den größten Teil des Gases selbst - es fällt quasi als 'Abfallprodukt' in der Stahlerzeugung an." 90 Prozent des Gasbedarfs decke die Voest selbst, nur die restlichen 10 Prozent würden "zur Unterfütterung" gebraucht. "Das heißt, wir gehen im Moment nicht davon aus, dass wir Probleme bekommen." Der Konzern sei "zu 99 Prozent auch strommäßig autark".

Obwohl die voestalpine derzeit immerhin ein Drittel ihres Eisenerzes für die Stahlerzeugung aus der Ukraine bezieht ist Eder auch diesbezüglich entspannt: "Die Lieferungen laufen - wie in den vergangenen 30 Jahren hervorragend", betonte der Konzernchef. Die ukrainische Mine liege nicht im umkämpften Grenzgebiet zu Russland. "Wir haben aber auch Plan B und C", sähe sich Eder selbst für etwaige Lieferbeeinträchtigungen gerüstet. (APA)

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Der Chef des börsennotierten Stahlherstellers Voestalpine, Wolfgang Eder, sieht die Konkurrenzfähigkeit Europas im internationalen Wettbewerb gefährdet. Die Energiekosten seien zu hoch und die Umweltauflagen zu streng. "Wir brauchen einen europäischen Energie-Masterplan und wir müssen weg von diesem Provinzialismus und Nationalismus im Energiebereich", sagte er am Montag vor Journalisten in Wien.

Österreich solle sich zur Wasserkraft bekennen

"Wir haben genug Energie in Europa, es liegt nur an der Verteilung - wir brauchen tragfähige europäische Netze und die Energie-Transversale", so der voestalpine-CEO. "Und wir in Österreich sollten uns mit Sicherheit zur Wasserkraft bekennen und nicht jeden Ausbau behindern", betonte Eder.

Europa habe einen Anteil von nur 10 Prozent an den weltweiten CO2-Emissionen, aber die weltweit strengsten Vorschriften. In China, Indien, Brasilien, den USA, Russland und Japan gebe es "keinerlei Einschränkung bei der CO2-Emission".

"Nächstes Jahr in Paris (Klimagipfel, Anm.) muss es gelingen, den Emissionshandel global auszurollen, sonst stranguliert sich Europa", meinte Eder. Der nächste Schritt müsse sein, den Rest der Welt zu überzeugen - gleichzeitig müsse man die Steigerungen der Emissionseinsparziele in der EU bremsen.

Gleichstellung mit internationaler Konkurrenz

"Wir brauchen die Gleichstellung mit der internationalen Konkurrenz, einheitliche Voraussetzungen für die Industrie weltweit - wir brauchen eine Harmonisierung von Reduktionszielen und einheitliche Handelssysteme für CO2-Zertifikate, das heißt, die Welt braucht eine neue zukunftsweisende Energie- und Klimapolitik", sagte Eder und forderte "Schutzmechanismen für die energieintensive Industrie", also für die Hersteller von Stahl, Chemikalien, Zement und Aluminium, in Europa. Die Branche brauche "Planungssicherheit bis 2040/50".

Wenn die Basisindustrie aus Europa weggehe, verlasse auch die ganze Wertschöpfungskette Europa - die Autoindustrie gehe mit der Stahlindustrie und in weiterer Folge käme auch die Forschung abhanden, zeichnete Eder ein Szenario aus Arbeitsplatzverlusten, sozialen Spannungen und Wohlstandsverlust.

An den Klimagipfel 2015 in Paris hat er nicht allzu hohe Erwartungen: "Ich glaube, es wird - wenn überhaupt - nur kleine Fortschritte geben und Europa wird sich wieder berufen fühlen, die Hauptlast zu tragen." (APA)

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