Semperit : Thomas Fahnemann hat ein thailändisches Problem

Thomas Fahnemann Semperit
© Waldner

"Adhoc" kam die Meldung, dass in der Konzernbilanz der Semperit Holding, so lässt CEO Thomas Fahnemann am 16. Februar verlauten, die 50-Prozent-Beteiligung Siam Sempermed erstmals „at equity“ konsolidiert wird. Eine technische Petitesse, könnte man meinen: Die Equitymethode ist ein Rechnungslegungsverfahren zur Bilanzierung von Anteilen – im Gegensatz zur Vollkonsolidierung, die bisher für Siam Sempermed angewandt wurde, wird die thailändische Tochter nun nur mehr als Vermögensgegenstand und nicht mehr als Unternehmensteil in den Büchern geführt.

Unstimmigkeiten

Doch die Geschichte, die sich hinter dieser eher technisch anmutenden Kleinigkeit verbirgt, hat es in sich: Seit 25 Jahren macht Semperit mit seinem thailändischen Partner, der Sri Trang Agro Gruppe, im Rahmen eines 50:50 Joint Ventures gemeinsame Sache. Man betreibt zusammen mehrere Werke, unter anderem für Untersuchungs- und Schutzhandschuhe. Die Zusammenarbeit mit den Südostasiaten war nie völlig friktionsfrei, wie ehemalige Mitarbeiter des Unternehmens erzählen. Und doch expandierte man gemeinsam. Noch im Jahr 2009 plante man ein neues Fertigungswerk in Surat Thani, wo mit rund 25 Millionen Euro eine hochmoderne Produktionsanlage für Untersuchungshandschuhe hochgezogen wurde.

Lug und Betrug?

Doch das Verhältnis zwischen Wien und Songkhla, dem Firmensitz der Sri Trang Agro Gruppe, verschlechterte sich zusehends. Das Vertrauen schwand: In Wien beklagte man intransparente Abrechnungs- und Wartungsmodalitäten und sah sich bei den Preisen betrogen. Die Kommunikation riss ab. „Zuletzt verweigerte der Partner die Teilnahme an Board Meetings, rechtmäßige Beschlüsse wurden nicht mehr umgesetzt“, sagt Semperit-CFO Johannes Schmidt-Schultes.

Vergangenen Sommer wagte Thomas Fahnemann einen Anlauf: Er wollte eine Neugestaltung des Joint Ventures erreichen und den Vertrieb neu ordnen. Nach mehreren „amikalen Gesprächen“ und einem abschließenden, erfolglosen Mediationsgespräch zog Fahnemann die Reißleine – und Semperit zog im September 2014 vor ein Schweizer Schiedsgericht. Verfahren wurden sowohl gegen die Sri Trang Agro Gruppe als auch gegen die Joint-Venture-Gesellschaft Siam Sempermed eingeleitet. Darüber hinaus klagte Semperit auf Schadenersatz.

Nach Ansicht von Semperit ist eigentlich alles klar: Schon vor 25 Jahren habe man sich beim gemeinsamen 50:50-Tochterunternehmen Siam Sempermed (SSC) in den Corporate-Governance-Vereinbarungen die „Beherrschung des Unternehmens“ gesichert. Genau das zweifelt derzeit aber der thailändische Partner an und beschwerte sich bei der heimischen Finanzmarktaufsicht (FMA) darüber, dass das Unternehmen von den Österreichern vollkonsolidiert wird.

„Die Finanzmarktaufsicht hat sich mit Hinblick auf die Konsolidierungsfrage an uns gewandt“, bestätigt Schmidt-Schultes. Das sei auch ihr gutes Recht, und Semperit arbeite eng mit der FMA zusammen. „Unsere Aussage ist hier klar und eindeutig: Die Vollkonsolidierung war durchgängig bis zum 31.12.2014 gegeben“, so der CFO. Semperit sei davon überzeugt, Recht zu haben.

Konsequenzen des Streits spüre auch die Tochtergesellschaft nicht, so Schmidt-Schultes: „Es ist wie bei zwei Eheleuten, die sich streiten, aber um das gemeinsame Kind kümmern sich beide.“ Wenn man den jüngsten Geschäftsbericht des Partners durchlese komme man zum Schluss, das Joint Venture sei für die Thailänder eine „Perle“ und auch der einzige Bereich, wo der Partner derzeit Geld verdiene. Beide Seiten hätten also großes Interesse daran, dass „der Laden gut läuft“, so der Finanzchef.

Die Personen und Unternehmen in dem Artikel:

Johannes Schmidt-Schultes ist seit 2011 Finanzvorstand der Semperit AG. Vor Semperit war er längere Zeit in der Telekommunkationsbranche tätig – sowohl als CFO von T-Mobile Österreich als auch T-Mobile UK, zuletzt als stellvertretender Finanzvorstand der australischen Telekom Telstra Corp. Schmidt-Schultes wurde 1966 in Deutschland geboren, ist verheiratet und Vater von zwei Kindern.

Thomas Fahnemann, 54, ist CEO des Kautschukprodukteherstellers Semperit. Von der Führungsstruktur und der Kommunikationspolitik bis hin zur zuvor sprichwörtlichen Sparkultur hat Thomas Fahnemann die Semperit AG seit 2010 dramatisch umgekrempelt. Im Streit mit dem thailändischen Joint-Venture-Parnter sucht er jetzt die Lösung in einem Schiedsgerichtsverfahren. Der gebürtige Hesse kam über Lenzing und die RHI zu Semperit.

Die Semperit AG hat im Vorjahr mit etwa 10.300 Mitarbeitern (700 in Österreich) einen Umsatz von 930,4 Millionen Euro erwirtschaftet. In den Tochterunternehmen Sempermed, Semperflex, Semperform und Sempertrans werden medizinische Latexhandschuhe ebenso hergestellt wie Handläufe für Rolltreppen – von der Reifenproduktion hat man sich allerding längst verabschiedet. Das Stammwerk von Semperit steht im niederösterreichischen Wimpassing.

Die Sri Trang Agro-Industry Public Company Limited ist einer der weltgrößten Naturkautschukhersteller. Der Joint-Venture-Partner von Semerit hält nach eigenen Angaben einen Weltmarktanteil von 9 Prozent und produziert 1,2 Milllionen Tonnen Naturkautschuk jährlich. Das Unetenrhmen ist an der Börse Bangkok und an der Börse in Singapur gelistet.