E-Mobilität : Technologiekonzerne erwarten deutliche Zuwächse

Der Markt für Elektroautos ist trotz aller Förderungen und politischer Programme weiterhin ein absolutes Nischenphänomen. Im Oktober zum Beispiel waren etwa 7350 Autos mit Stecker auf Österreichs Straßen unterwegs - angesichts einer Gesamtzahl von 4,8 Millionen Fahrzeugen hierzulande ein verschwindend geringer Bruchteil.

Doch im Zuge des Abgasskandals bei Volkswagen und mit einer Reihe von gesetzlichen Änderungen ab Jänner kommenden Jahres könnte tatsächlich Fahrt in dieses Segment kommen - und für die Konzerne aus dem Energiebereich und der Elektroindustrie, die schon seit Jahren an einer breiteren Nutzung der Stromer arbeiten, zeichnet sich ganz allmählich ein Wandel hin zu einem echten Geschäft ab.

Zu den ersten großen Unternehmen, die hier tätig sind, gehört der Verbund. "Eines der Ziele der Energiewende ist die Dekarbonisierung, und ohne E-Mobilität wird das nicht gehen", sagt Verbund-Chef Wolfgang Anzengruber. Der heimische Versorger hat deshalb mit Siemens vor drei Jahren ein Joint Venture gegründet, das sich heute als Komplettanbieter im Segment der Elektromobilität positioniert. Als erster Anbieter betreibt Smatrics ein flächendeckendes Hochleistungsladenetz in ganz Österreich. Die Devise: Eine Ladestation etwa alle 60 Kilometer und Strom komplett aus erneuerbaren Energien.

Diese Woche feierten der Verbund und Smatrics das Erreichen eines neuen Etappenziels: Den Kauf der hundertsten Schnell-Ladestation vom Elektrizitätsriesen ABB. Der Schweizer Konzern, der auch in Österreich tätig ist, liefert Ladestationen, die alle in Europa gängigen Landestandards in einem Gerät vereint. Der Markt für Ladestationen habe eine Weile gebraucht, bis hier Bewegung aufgekommen sei, sagt Franz Chalupecky, Vorstandsvorsitzender von ABB Österreich: "Als wir vor vier, fünf Jahren begonnen haben, waren Elektroautos noch sehr dünn gesät. Ladestationen haben sich verkauft wie Winterreifen in der Sahara." Heute ist ABB in diesem Bereich Marktführer sowohl in Österreich als auch in Europa. Dafür arbeite man eng mit Partnern aus der IT und der Automobilbranche zusammen, so Chalupecky.

Technisch hat die Elektromobilität, die mehrere schwerwiegende Probleme überwinden muss, in den letzten Jahren deutliche Fortschritte gemacht. Das größte Problem ist die Kapazität der Akkus - und damit die Reichweite. Eine andere Schwierigkeit ist die Dauer, mit der die Akkus aufgeladen werden könnten. Hier sind inzwischen Ladestationen mit 22 kW verfügbar, über die etwa ein Kleinwagen wie der Renault Zoe in nur einer Stunde voll aufgeladen werden könne, so die Hersteller. Gerade werden außerdem Schnell-Ladestationen mit einer Leistung bis zu 50 kW gebaut, über die alle gängigen Elektroautomodelle innerhalb von nur 20 Minuten geladen werden könnten - innerhalb einer Kaffeepause an einer Autobahnraststätte also.

Potentiale sieht ABB gerade auch im öffentlichen Personennahverkehr. Hybridbusse hätten einen um 75 Prozent geringeren CO2-Ausstoß als herkömmliche Fahrzeuge, so der Hersteller. Die Schweizer entwickeln gerade ein Ladesystem, das mit Ladezeiten von vier bis sechs Minuten in bestehende Buslinien integriert werden könne. In der Schweiz etwa ist ein Blitzladesystem von ABB bereits in Anwendung, das an Haltestellen in nur 15 Sekunden geladen werden könne.

In Wien gibt es allerdings in diesem Bereich noch Luft nach oben. Michael Fischer, Chef von Smatrics, zitiert hier ironisch einen bekannten Werbespruch der Stadt. "Wien ist anders", sagt Fischer und verweist auf das Verbot von Ladestationen im öffentlichen Bereich, das in der Landeshauptstadt gilt. Auch Franz Chalupecky fügt mit einem spöttischen Unterton hinzu: "Wenn die Frau Stadtrat sagt, sie will keine Autos haben, egal ob benzinbetrieben oder strombetrieben, und wenn man schaut, wie die Wahl ausgegangen ist, dann wird sich daran auch nichts ändern."

Derzeit hat Smatrics in Wien fünf Ladestationen in Betrieb, die allesamt bei Einzeländlern und Möbelhäusern stehen. Das Verbot von Ladestationen im öffentlichen Raum sei nach den Worten von Fischer "weltweit einzigartig". Der Smatrics-Chef verweist auf Paris, wo es "alle 300 Meter eine Ladestation" gebe, nämlich insgesamt etwa 4.500 Ladestationen. Oder auf den Autovermieter Car2Go, der seine Flotte in Paris, Amsterdam und Stuttgart zu hundert Prozent elektrisch betreibe.

Doch im Zuge des Abgasskandals bei Volkswagen steigt der Druck auf die Hersteller, den Anteil von elektrischen Antrieben in ihrer Produktpalette deutlich zu erhöhen. Speziell in Österreich kommt den Verfechtern der Elektromobilität eine Reihe von gesetzlichen Änderungen ab 2016 entgegen. Zum Beispiel gilt ab Jänner für E-Fahrzeuge der Vorsteuerabzug und eine Befreiung vom Sachbezug für Dienstwagenfahrer.

Arbeitnehmer profitieren außerdem auch bei einer privaten Nutzung des Dienstwagens von einer Befreiung des Sachbezugs. Nach Angaben von Smatrics können sich damit Betriebe beim Kauf eines Stromers bis zu 8000 Euro, also 20 Prozent des Vorsteuerabzugs und weitere 12.000 Euro Sachbezug allein im ersten Betriebsjahr sparen.

Privatpersonen sind bereits jetzt beim Kauf eines E-Autos sowohl von der Normverbrauchsabgabe NoVA als auch von der motorbezogenen Versicherungssteuer ausgenommen.

Gleichzeitig werden die betreffenden Förderungen verlängert beziehungsweise ausgebaut. So wurde die von der Initiative Klimaaktiv initiierte Ankaufsförderung für e-Carsharing-Projekte sowie für E-Ladeinfrastrukturen um ein Jahr bis Oktober 2016 verlängert.