Umkämpfte Zug-Branche : Siemens befasst sich "intensiv mit China"

Hochgeschwindigkeitszüge werden nach wie vor in Europa massiv nachgefragt, aber auch Schwellenländer planen immer neue Strecken - der Markt ist massiv in Bewegung. Deshalb strecken jetzt auch mehr Konzerne ihre Fühler nach solchen Milliardengeschäften aus: Spieler wie CRRC aus China oder der neu geschmiedete Konzern aus Japans Hitachi und der italienischen Anslado mit moderner Technik und oft staatlicher Finanzierung mischen laut Wirtschaftswoche die Branche auf.

Siemens steckt mittendrin: Zwar ist der Konzern immer noch einer der wichtigsten Produzenten für Hochgeschwindigkeitszüge, er gerät aber immer mehr unter Druck, denn der jährlich zehn Milliarden Euro schwere Weltmarkt ruft Konkurrenz auf den Plan. Konzernchef Joe Kaeser hat somit neben dem kriselnden Kraftwerksgeschäft eine neue Baustelle, um die er sich kümmern muss, laut Informationen ist er bereits auf der Suche nach Partnern. Sogar ein Verkauf der ICE-Sparte sei denkbar, wie die Zeitung berichtet. Immer wieder ist hier der französische Alstom-Konzern im Gespräch. Mehrere Siemens-Manager sprechen sich dafür aus.

Hohe Entwicklungskosten

Siemens verdiene laut Insider-Angaben deutlich weniger Geld mit Hochgeschwindigkeitszügen als etwa mit Regionalzügen oder Straßen- und U-Bahnen. Siemens-Mann Wilder sagt dazu nur, je nach Projekt seien die Margen unterschiedlich. Die Division Mobility, zu der das Zuggeschäft gehört, erwirtschaftete im zweiten Quartal des Geschäftsjahres zwischen Januar und März eine Umsatzrendite nach Steuern von 8,6 Prozent bei einem Umsatz von 1,84 Milliarden Euro.

Das sei aber nicht ungewöhnlich, so Maria Leenen, Chefin der auf die Bahnbranche spezialisierten Beratung SCI aus Hamburg, denn alle Anbeiter würden mit ihren Hochgeschwindigkeitszügen zu wenig Geld verdienen", zitiert die Wirtschaftswoche online. Die Entwicklungskosten der hochkomplexen Züge seien einfach sehr hoch - im Gegensatz zum ICE, der in der ersten Generation noch relativ simpel konstruiert war, sei der neue Icx vor allem Software-gesteuert, was hohe Kosten verursache.

China profitiert von Know-how

Nachdem Unternehmen wie Alstom, Bombardier, Kawasaki und auch Siemens am chinesischen Markt in Joint Ventures zum Technologietransfer gezwungen wurden, hat China nun das Know-how, um selbst hochwertige Züge ohne fremde Hilfe zu bauen - zuerst für den riesigen Inlandsmarkt, in den das Land allerdings in den letzten zehn Jahren über 600 Milliarden Euro investierte. Doch auch ins Ausland wagt sich der chinesische Konzern - CRRC ist bereits an einigen Projekten in den USA, der Türkei oder Indien beteiligt. Zwar gäbe es Probleme bei komplexen elektronischen Komponenten wie der Zugsteuerung, mechanische Teile wie etwa Kupplungen kann der Konzern allerdings bis zu 30 Prozent billiger als die der Konkurrenz. Die Deutsche Bahn prüft bereits, Komponenten in China einzukaufen.

Unterdessen verstärkt laut der Zeitung auch Siemens-Rivale Hitachi sein Engagement in Europa. Im Februar verkündeten die Japaner die Übernahme von Anslado, der Bahntechniksparte des italienischen Rüstungskonzerns Finmeccanica, für mehr als 1,9 Milliarden Euro. Zudem baut Hitachi nach einem Großauftrag in Großbritannien ein neues Werk. "Die Konsolidierung ist in vollem Gange", sagt Beraterin Leenen. Die Europäer sollten sich nicht untereinander Konkurrenz machen. Der französische Bahnexperte Marc Fressoz finde, dass der weltweite Markt für Hochgeschwindigkeitszüge sei zu klein für so viele Akteure sei.

Siemens investiert in Russland

In Russland wird Siemens umgerechnet 53 Millionen Euro (3,5 Milliarden Rubel) in den Bau einer Betriebswerkstatt für russische Schnellzüge der Modelle Sapsan und Lastochka im Gebiet Wladimir investieren, wie die Online-Zeitung Gazeta.ru berichtete. Das Werk soll demnach jährlich die Wartung von bis zu 6.000 Zügen der Modelle Sapsan und Lastochka durchführen können. Zuvor hatten die staatliche Bahngesellschaft Rossijskije schelesnyje dorogi (RŽD) und Siemens im Rahmen des Internationalen Petersburger Wirtschaftsforums eine Vereinbarung über die Wartung von Zügen für die nächsten 40 Jahre unterzeichnet.