Hintergrund : Rätselhafter Riesendeal: Japanischer Milliardär kauft britische ARM

Es ist ein Milliarden-Deal, der Rätsel aufwirft: Der japanische Konzern Softbank kauft den führenden Entwickler von Smartphone-Chips. Möglicherweise geht es um das zukünftige Geschäft mit unzähligen vernetzten Geräten im "Internet der Dinge".

Die Firma, von der die Chip-Architektur in fast allen Smartphones und Tablets auf der Welt stammt, wird bald einem wagemutigen japanischen Milliardär gehören. Diese Vorstellung ist an sich schon denkwürdig, doch der am Montag angekündigte Deal birgt auch noch ein großes Rätsel: Was will Masayoshi Son überhaupt mit dem Chip-Designer ARM aus Großbritannien? Ins bisherige Kerngeschäft seines Tech-Konglomerats Softbank - Mobilfunk und Beteiligungen an Online-Diensten - lässt sich ARM jedenfalls nicht einfach so einbinden.

Die Briten entwerfen Chip-Architekturen, auf die sie dann Lizenzen an Hersteller verkaufen - oder an Technologie-Giganten wie Apple und Samsung, die auf dieser Basis eigene Prozessoren entwickeln. Es ist ein stabiles Geschäft. Im vergangenen Jahr blieb in den Kassen ein Gewinn von 339,7 Mio. Pfund (407,93 Mio. Euro) bei Erlösen von 968,3 Mio. Pfund hängen. Solide - aber mit dem Lizenz-Modell ist ARM trotz aller Dominanz auch nicht unbedingt eine sprudelnde Geldquelle wie etwa Apple.

Warum also nimmt Masayoshi Son jetzt rund 24 Mrd. Pfund (rund 28,82 Mrd. Euro) in die Hand, um ARM sein Eigen nennen zu dürfen. Der Deal scheint ihm am Herzen zu liegen: Er verschob jüngst seinen Ruhestand und nahm dafür in Kauf, dass sein designierter Nachfolger, Ex-Google-Manager Nikesh Arora Knall auf Fall das Weite suchte. Er hob Milliarden durch den Verkauf des Spiels "Clash of Clans" (mit Gewinn) und eines Anteils an der Handelsplattform Alibaba. Und er drückt seinen bereits mit über 100 Milliarden Dollar verschuldeten Konzern noch tiefer in die Kreide - knapp ein Drittel des Kaufpreises soll immer noch mit Krediten finanziert werden.

Sind es gerade in dieser Situation die stabilen Erträge von ARM, die Son anlocken? Einige Analysten wie Patrick Moorhead von Moor Insights & Strategy vermuteten gleich, dass Softbank versuchen könnte, die ARM-Lizenzgebühren zu erhöhen. Gäbe es aber auch dann nicht andere Investments, die schneller die Aussicht auf mehr Ertrag bieten?

Für Softbank könnte es andererseits von Vorteil sein, ARM unter dem eigenen Konzerndach zu haben, denn die Briten arbeiten an neuen Generationen von Chips für das entstehende "Internet der Dinge", das irgendwann Dutzende Milliarden vernetzter Geräte umfassen wird. Dienstleistungen rund um Vernetzung gelten als lukratives Geschäftsmodell für die Zukunft der Telekom-Anbieter. Und Son holte sich bereits den menschelnden Roboter "Pepper" der französischen Firma Aldebaran ins Haus.

Oder spekuliert Son sogar darauf, dass es ARM gelingt, im "Internet der Dinge" mit seinen Chip-Architekturen genauso zu dominieren wie bei Smartphones? Hier ist das Rennen aber lange noch nicht entschieden. Der Branchenriese Intel, der den PC-Markt beherrscht und bei Mobiltelefonen und Tablets das Rennen hoffnungslos an ARM verlor, ist auch versessen darauf, das Geschäft zu erobern.

Zugleich schränkt die Vielfalt der ARM-Kunden auch den Spielraum für Son ein. "Wir waren komplett unabhängig seit unserem Börsengang - und das ist etwas, was unsere Partner schätzen", sagte der bisherige ARM-Chef Simon Segars dem Finanzdienst Bloomberg nach Bekanntgabe des Deals. Softbank werde in ARM investieren.

Zugleich könne der Deal aber die Geschäftsaussichten von ARM im Riesenmarkt China verschlechtern, warnte Analyst Roger Sheng von der Marktforschungsfirma Gartner. "Die chinesische Regierung hat einige politische Probleme mit der japanischen Regierung. Sollte also ARM von Softbank gekauft werden, wird China, denke ich, mehr in die Entwicklung einer eigenen Architektur investieren", sagte er Bloomberg. (APA/dpa/red)