Internationale Märkte : Neuer Markt Iran - das Rennen ist eröffnet

Zeitgleich mit dem Verzicht, in der Adria nach Erdöl und Gas zu bohren, eröffnen sich dem heimischen Energieriesen OMV völlig neue Chancen anderswo. Im Fokus steht im Moment eine Region, der sich weder die OMV noch ihre Konkurrenz bisher kaum intensiv zugewandt hat - der Iran.

Wie berichtet haben vor wenigen Wochen Vertreter Irans in Wien mit dem Westen vereinbart, dass die westlichen Wirtschaftssaktionen aufgehoben werden gegen Zugeständnisse des Regimes in der Atompolitik. Seit diesem Tag wittern westliche Konzerne ein Milliardengeschäft - angefangen von Luxusuhrenherstellern über Anlagen- und Maschinenbau bis hin zu großen Energiekonzernen.

Offizielle Delegationen haben ihre Pilgerreisen schon aufgenommen

Das Rennen um die besten Deals ist bereits eröffnet: Wenige Tage nach der Einigung in Wien eilte schon Deutschlands Vizekanzler und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel nach Teheran - im Schlepptau dutzende Spitzenvertreter der deutschen Industrie.

Heute ist der französische Außenminister Laurent Fabius in Teheran. Bei seinem Besuch überraschte er mit der Ankündigung, dass Frankreichs Präsident Francois Hollande den iranischen Präsidenten Hassan Ruhani für den November nach Frankreich einladen wolle, wie die die iranische Nachrichtenagentur ISNA berichtet.

Auch Österreich zieht nach. Gleich für Ende Juli hat die Wirtschaftskammer in Wien eine internationale Business-Konferenz organisiert. Mehr als 300 Interessenten kamen, darunter auch Irans Industrie- und Handelsminister Mohammad Reza Nematzadeh.

Die Bemühungen der Wirtschaftskammer kommen nicht von ungefähr: Die WKÖ hofft auf eine mittelfristige Verfünffachung der Exporte in den Iran. 2004 belief sich die Exportleistung aus Österreich auf rund 400 Millionen Euro, zehn Jahre später lag sie bei 232 Millionen Euro. Nach einer Aufhebung der Sanktionen will man das Handelsvolumen wieder deutlich steigern und die Euromilliarde zu erreichen.

Auch auf der höchsten Staatsebene ist eine rege Reisediplomatie in Vorbereitung. Anfang September fliegt Bundespräsident Heinz Fischer in den Iran - als erster westlicher Staatschef überhaupt. Begleitet wird Fischer von Außenminister Sebastian Kurz und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner, beide ÖVP, sowie von Christoph Leitl von der Wirtschaftskammer.

OMV in der Startposition

Für Energiekonzerne wie die OMV ist das Abkommen mit dem Iran von ganz besonderer Bedeutung - schließlich verfügt das von den Mullahs regierte Land über Vorkommen von Öl und Gas, die zu den größten der Welt gehören.

So exportiert der Iran derzeit nur 1,3 Millionen Barrel Rohöl pro Tag - nach Angaben der Ölindustrie ist kurzfristig eine Steigerung auf bis zu vier Millionen Fass pro Tag möglich. Allerdings braucht es Technologie und Kenntnisse, um diese Kapazitäten zu heben - und hier kommen alteingesessene Ölkonzerne wie die OMV ins Spiel.

Immerhin war es die OMV, die 2007 mit einem österreichisch-iranischen Deal für Aufsehen gesorgt hat. Damals vereinbarte die OMV mit der National Iranian Oil Company, gemeinsam das Feld South Pars auszubeuten - angeblich das größte Gasreservoir der Welt. Wie der "Standard" berichtet, geht es dabei um die Phase 12 des Projekts - also genau der Bereich, um den sich vor den Sanktionen auch zahlreiche andere Energieriesen gerissen haben.

Heute hält sich die OMV zu den Aussichten im Iran und speziell zum Feld South Pars dezidiert bedeckt - schließlich hält der Konzern die noch weiter laufenden Sanktionen "zu hundert Prozent" ein, wie ein Sprecher betont.

Doch mit dem Atomabkommen haben die Strafmaßnahmen gegen das Mullah-Regime ein Ablaufdatum bekommen - und mit ihnen auch die Hinternisse auf dem Weg in einen vielversprechenden Markt.

Zustimmung aus Washington und Teheran steht noch aus

Allerdings ist noch eine zentrale Voraussetzung zu erfüllen, bis westliche Multis in die Region südlich des Kaspischen Meeres aufbrechen können: Das jetzt vereinbarte Atomabkommen und die damit verbundene Aufhebung der Sanktionen können erst in Kraft treten, wenn der US-Kongress und das iranische Parlament zustimmt.

Bis zu einem möglichen Veto des US-Präsidenten Barack Obama ist es derzeit offen, wie das Ringen um die Abstimmungen ausgeht. Vertreter Israels sowie die Republikaner und sogar manche Vertreter der Demokraten in Washington üben scharfe Kritik an dem Atomabkommen.

Ihre Argumentation: Hier werde einem verbrecherischen Regime, das terroristische Gruppierungen unterstütze und für Instabilität in der gesamten Region sorge, der Zugang zu üppig sprudelnden Petrodollars ermöglicht. Ihre Macht im Inland werde einzementiert, während es keine politischen Veränderung hin zu einer Stärkung der Menschenrechte gebe.

Auch von der Internationale Atomenergiebehörde steht noch eine Zustimmung aus. Die in Wien ansässige IAEA muss bestätigen, dass Teheran seine Verpflichtungen einhält. Außerdem will die IAEA bis Ende des Jahre geklärt haben, ob das iranische Atomprogramm eine mögliche militärische Dimension hatte oder hat. (pm)