Strategie : Neuer AUA-Chef macht alles anders

Jaan Albrecht hatte vor, Flugbegleiter und Piloten für die zwei Wiener Eurowings-Flieger zu stellen. Diese Pläne wird Kay Kratky nicht umsetzen, stattdessen will er ab dem nächsten Sommer unter der Marke Austrian Airlines mit zwei zusätzlichen Flugzeugen im Flugverkehr nach Deutschland wachsen. Vorstandsbeschlüsse gibt es dazu noch nicht. Auch der formale Segen des Aufsichtsrats steht aus.

Abgesprochen ist Kratkys Plan allerdings bereits mit dem Lufthansa-Konzernchef Carsten Spohr und dem AUA-Aufsichtsratsvorsitzenden Harry Hohmeister. Der neue Chef setze darauf, als Netzwerkairline und nicht als Billigflieger zu wachsen, heißt es zur Begründung aus dem AUA-Management. Erst vor einigen Tagen hatte US-Ratingagentur Moody's den Flughafen Wien und die AUA gewarnt, Flugverkehr und Passagiere durch Europas Billigfluglinien zu verlieren. So greift etwa Ryanair immer stärker größere Fluggesellschaften an.

Eurowings-Schulungen gestoppt

Ursprünglich war geplant, dass die AUA die zwei Eurowings-Maschinen, die in Wien stationiert werden, bereedert. Die AUA hat dafür schon Personal aufgenommen, nun wurden allerdings laut APA-Infos die betreffenden Schulungen gestoppt. Die 80 Piloten und 90 Flugbegleiter, die bis Jahresende eingestellt werden, brauche man aber trotzdem, heißt es aus der Fluggesellschaft. Spätestens dann, wenn man nächstes Jahr Flüge von der AUA-Mutter Lufthansa übernimmt. Fix ist das aber noch nicht. In Diskussion stehen Verbindungen nach Frankfurt und München oder auch nach Hamburg oder Düsseldorf.

Kratkys Entscheidung, die zwei Eurowings-Flieger in Wien nicht zu managen, fiel quasi in letzter Minute. Denn der erste Flug von Eurowings findet schon am 9. November statt. Danach wäre die Kooperation zwischen AUA und Eurowings kaum noch zu stoppen gewesen. Auch mit der Kooperation mit der Schweizer Konzernschwester Swiss scheint Kratky nicht ganz glücklich zu sein. Die AUA hatte im Winter 2014 etliche Regionalflüge der Swiss übernommen, laufen soll der Vertrag bis 2019.

Eurowings muss selbst Personal stellen

An den Eurowings-Plänen der Lufthansa soll sich aber nichts ändern. Europas größter Luftfahrtkonzern will mit Eurowings einen europaweiten Billigflieger aufbauen, Firmensitz von Eurowings Europe ist Wien. Nach dem Nein von Kratky muss Eurowings für die Strecken ab Wien aber nun selbst Piloten und Flugbegleiter einstellen, einen Kollektivvertrag gibt es bei Eurowings nicht.

Eurowings plant, von Wien aus unter anderem nach Mallorca, Barcelona und London-Stansted zu fliegen. Der erste Eurowings-Airbus wird demnächst in Wien stationiert, der zweite A320 folgt im Frühjahr. Mit der AUA gibt es ein Codeshare-Abkommen, die auch Bodenabfertigung und Wartung übernimmt. Bei den Streckenentscheidungen von Eurowings ab Wien hat die AUA das letzte Wort.

"Kuckucksei"

Dass die AUA nun doch kein Flugpersonal für Eurowings stellt, bringt Betriebsrat und Gewerkschaft auf die Barrikaden. Sie sehen sich von der Lufthansa-Führung "belogen" und befürchten eine "Unterwanderung der Sozial- und Kollektivvertragsstandards der AUA", wie Bordbetriebsratschef Karl Minhard und die Gewerkschaft vida mitteilten.

"Wovor wir gewarnt haben, ist nun eingetreten. Die Lufthansa-Führung hat uns und die Belegschaft in punkto Eurowings offenbar hinters Licht geführt", wird in einer Aussendung kritisiert. Eurowings stelle nun für die AUA keine Chance mehr dar. "Vielmehr wurde uns ein Kuckucksei untergejubelt", so Minhard und vida-Gewerkschafter Johannes Schwarcz.

Die AUA-Mutter Lufthansa steht nach Ansicht der Belegschaftsvertreter nicht mehr zu ihrem Wort, dass ein günstiger AUA-Kollektivvertrag Chancen für die Airline und die Belegschaft bringe. "Lufthansa-Konzernchef Carsten Spohr hat uns Eurowings wie ein Karotte vor die Nase gehalten und ist jetzt wortbrüchig geworden", erklärte Schwarcz.

Langstrecken auf dem Prüfstand

Doch nicht nur die Eurowings-Pläne stellte Kratky auf den Prüfstand - nun sollen auch alle Langstrecken auf Profitabilität geprüft werden. Ob nach Dubai wie kolportiert auch Delhi eingestellt wird, ist aber noch nicht entscheiden. Andere Langstrecken könnten ausgedünnt werden. An der grundsätzlichen Langstrecken-Expansion will Kratky aber festhalten.

Als Drehkreuz-Manager der AUA-Mutter Lufthansa in Frankfurt hatte sich Kratky 2011 ebenfalls eine solche Liste vorlegen lassen, daraufhin wurden binnen kurzer Zeit fünf Langstreckendestinationen gestrichen. Bei der Austrian Airlines gehe es darum, die Profitabilität der Langstrecke zu optimieren, heißt es zur Begründung. Im April 2016 kommt mit Shanghai ein neues AUA-Flugziel in China dazu. Da die Flotte nicht aufgestockt wird, ist noch unklar, wie die Strecke bedient werden soll.

Einige kommen hinzu, andere werden gestrichen

Die AUA setzte unter Kratkys Vorgänger Jaan Albrecht auf eine Expansion vor allem in Nordamerika. Nach Chicago und Newark nimmt die AUA mit Miami diesen Oktober die nächste US-Destination auf. Mit Mauritius und Colombo auf Sri Lanka gibt im heurigen Winterflugplan auch zwei neue rein touristische Langstrecken. Ab November fliegt die AUA zudem einmal pro Woche nach Marrakesch in Marokko. Im Gegenzug wurden wegen der schwachen russischen Nachfrage die Flüge nach St. Petersburg und Rostov gestrichen.

Insgesamt fliegt die AUA im Winterflugplan, der von 25. Oktober 2015 bis 27. März 2016 gilt, 81 Flugziele in Europa, zwölf Fernziele in Asien und Nordamerika sowie vier Destinationen im Nahen Osten und fünf Destinationen in Afrika an. Der gesamte Lufthansa-Konzern kommt diesen Winter auf 261 Ziele in 101 Ländern. (apa)