Edelmetalle : Nationalbank holt kleinen Teil der Goldbarren zurück aus London

Vor einigen Wochen landete ein aus London kommendes Flugzeug mit sehr wertvoller Fracht am Flughafen Wien Schwechat. Mit an Board befanden sich 15 Tonnen des österreichischen Goldbestandes, die nun nach einer eingehenden Überprüfung seit kurzem wieder im Goldtresorraum der Nationalbank lagern. Die 1.200 Barren zu je 12,5 kg haben etwa einen Wert von 480 Mio. Euro und dienen als Währungsreserve.

"Heute ist ein großer Tag, ein Weihnachtsgeschenk für Österreich, wenn Sie wollen, weil Gold schenkt man ja gerne", meinte Nationalbank-Gouverneur Ewald Nowotny anlässlich der Besichtigung der zurückgeholten Goldbarren. "Die 15 Tonnen sind 'goldrichtig' angekommen. Jeder einzelne Barren ist genau überprüft worden", so der dafür zuständige OeNB-Direktor Kurt Pribil.

Die Nationalbank habe jetzt mit der Überführung des Goldes aus den ausländischen Lagerstätten begonnen, so Nowotny. Ziel sei es, bis zum Jahr 2020 die Hälfte der Goldbestände in Österreich zu lagern und den Rest an den großen Goldhandelsplätzen London und Zürich. In der Schweiz sollen es 56 Tonnen sein, in London 84 Tonnen.

"Gold hat die Funktion einer eisernen oder goldenen Reserve", meinte Nowotny. Deshalb auch die ökonomische Begründung, den Teil, der nicht auf den internationalen Goldhandelsplätzen gelagert werden müsse, nach Österreich zu bringen. "Das ist eine internationale Entwicklung", so der OeNB-Gouverneur. Auch die Bundesbank werde die Hälfte im Inland lagern.

Die Funktion des Goldes habe sich im Vergleich zu Zeiten der Hartwährungspolitik gewandelt. "Wir brauchen Gold nicht mehr als Interventionswährung, weil wir Mitglied der Europäischen Zentralbank sind, und diese hat flexible Wechselkurse. Wir haben jetzt den Schutz des Eurosystems", führte Nowotny aus.

Gold sei eine Währungsreserve, genau so wie die Devisenbestände, allerdings eine ertraglose Währungsreserve. Die Nationalbank halte diese Reserve für Österreich. Sie diene als Sicherheitspolster für den Fall, dass es zu irgendwelchen Katastrophen komme. Eine solche Katastrophe wäre etwa der völlige Zusammenbruch des Welthandels, wo man dann mit nationalen Währungen nicht mehr bezahlen könnte. "Das wären dann aber schon apokalyptische Zustände", so Nowotny. Die Regierung selbst hätte aber keinen Zugriff auf die Goldreserven. "Das Gold steht im Eigentum der Nationalbank. Es wäre unsere Entscheidung, darauf zuzugreifen", so Nowotny.

Damit das Gold auch seine Reservefunktion erfüllen könne, sei es sinnvoll, einen Teil davon an den Handelsplätzen zu lagern. "Ein Feuerlöscher muss dort hängen, wo möglicherweise ein Feuer ausbricht. Er muss nicht in jedem Zimmer hängen", so Nowotny.

Den derzeitigen Goldbestand von 280 Tonnen will Nowotny konstant lassen. Es seien derzeit weder Verkäufe noch Zukäufe beabsichtigt. Änderungen würden auf rein währungspolitischen Überlegungen basieren, und solche würde sie gemeinsam mit der EZB anstellen. "Das machen wir nicht isoliert", so der OeNB-Gouverneur.

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Die Eckdaten heute

Österreich verfügt seit 2007 unverändert über 280 Tonnen Gold, das sind etwa 22.400 Goldbarren. Es waren schon einmal wesentlich mehr. Der Höchststand wurde in den 1980er-Jahren mit 657 Tonnen erreicht. Nunmehr strebt die Nationalbank an, die Hälfte des Bestandes - also 140 Tonnen - wieder in Österreich zu lagern. Dieses Ziel soll bis 2020 erreicht werden.

Die Rückführung der ersten 15 Tonnen aus den Tresoren der Bank of England kosteten die Nationalbank rund 100.000 Euro. Bis zum Jahr 2020 sollen 140 Tonnen in Österreich lagern, davon 90 Tonnen in der Nationalbank und 50 Tonnen in der Münze Österreich. Im Ausland sollen 56 Tonnen in Zürich (derzeit 6 Tonnen) und 84 Tonnen in London (derzeit 224 Tonnen) lagern.

Goldreserven waren ein wichtiger Grund für den Einmarsch Hitlers

In der ersten Republik hatte Österreich hohe Goldreserven, erläuterte OeNB-Gouverneur Ewald Nowotny heute. Beim Einmarsch der deutschen Armee 1938 sei der erste Schritt die Konfiszierung dieser Goldreserven gewesen. Für viele Historiker sei das auch der wesentliche Grund des Einmarsches gewesen, weil Deutschland damals selbst wenige Goldreserven hatte. Nach dem Zweiten Weltkrieg habe Österreich rund die Hälfte des Goldes wieder zurückbekommen, ein Teil sei auf ewig verloren gegangen.

Nach Kriegsende wurden laut Nationalbank zwischen 1947 und 1958 von den geraubten 78,2 Tonnen Gold 50,1 Tonnen restituiert. In den 1950er- und 1960er-Jahren erfolgte ein starker Aufbau der Goldreserven, der mit dem Wirtschaftswunder nach dem Zweiten Weltkrieg zusammen hing.

Nach 1945: Alle großen Standorte außerhalb Österreichs

Für die Lagerung des Goldes im Ausland spielten geopolitische Überlegungen eine große Rolle. "Zur Zeit des Kalten Krieges gab es die Politik, möglichst große Werte nicht im Osten Österreichs zu lagern. Es gab fünf oder sechs Standorte, alle außerhalb Österreichs", so Nowotny.

Bis in die frühen siebziger Jahre waren die Goldreserven währungspolitisch zum Erhalt der Goldparität ein entscheidender Faktor. Mit der Aufgabe des Bretton-Woods-Systems Anfang der 1970er-Jahre verloren die Goldreserven als Deckungswert für Währungen aber stark an Bedeutung.

Mit der Einführung des Euro im Jahr 1999 verringerte sich die Notwendigkeit, Kursbewegungen mit Gold auszugleichen, noch weiter. Dennoch ist Gold für die Zentralbanken als ein Teil der Währungsreserve ein wichtiges Asset und dient der Stabilisierung des Euro.

Die Reduzierung des Goldbestandes in den 1990ern

Die Reduzierung des österreichischen Goldbestandes in den 1990er-Jahren geht auf Verkäufe zurück, zusätzlich wurden rund 22 Tonnen bei der EZB hinterlegt. Seit 2007 wurden keine Verkäufe mehr getätigt. Die Zentralbanken aller Euroländer verfügen gemeinsam über rund 10.789 Tonnen Gold. Das ist mehr als die USA, das Land mit den höchsten Goldreserven (8.133 Tonnen).

Der aktuelle Goldbestand Österreichs entspricht in etwa auch dem Kapitalanteil der Nationalbank im Eurosystem. Im Verhältnis zur Größe der Währungsreserven und der österreichischen Volkswirtschaft bezeichnet die Nationalbank den Goldbestand als angemessen. (apa/red)