Antriebstechnik : Mirko Kovats zu ATB: "Österreichisches Technologieunternehmen verschleudert"

Mirko Kovats spricht im Interview mit dem INDUSTRIEMAGAZIN darüber, wie er den Umsatz seines Unternehmens verdreizehnfachte.
© Helene Waldner

Der Industrielle Mirko Kovats, früherer Eigentümer der ATB in Spielberg, hat in einer Aussendung die "völlig unnötige Schließung eines wettbewerbsfähigen österreichischen Industriestandortes durch den chinesischen Eigentümer" kritisiert. Vergangene Woche wurde bekannt, dass in dem Werk im steirischen Murtal rund 360 von 400 Mitarbeitern gekündigt werden sollen.

"Langfristig geplante Schließungsstrategie"

Kovats ortet hinter dem damaligen Verkauf an die chinesische Wolong-Gruppe und den nun angekündigten Kündigungen eine "offensichtlich langfristig geplante Schließungsstrategie nach erfolgtem Technologietransfer". Das sei seiner Meinung nach "wahrnehmbar".

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"Hat Wolong ATB deutlich zu günstig übernommen?"

Kovats kritisierte auch den seiner Ansicht nach damals zu niedrigen Verkaufspreis: Um 60 Mio. Euro sei die ATB vom Insolvenzverwalter "quasi verschenkt" worden, so der Industrielle. Dabei habe er selbst bereits einen Kaufpreis von 110 Mio. Euro ausverhandelt gehabt.

"Hat Wolong die Gunst der Stunde im Sanierungsverfahren genutzt und ATB mit Versprechungen einerseits die österreichischen Arbeitsplätze zu erhalten, andererseits ein österreichisches Traditionsunternehmen für den Weltmarkt zu rüsten, deutlich zu günstig erworben? Ist man hier - trotz mahnender Stimmen - der chinesischen Eroberungstaktik erlegen? Hat man, um einen schnellen Erfolg zu erzielen, für den Industriestandort Österreich wichtige, langfristige Überlegungen außer Acht gelassen? Waren die Gläubiger tatsächlich über alle Umstände informiert?", stellte Kovats Fragen in den Raum.

Ein "nicht umkehrbarer Technologietransfer"

Er bedauerte einen "nicht umkehrbaren Technologietransfer von zum Beispiel geräuschlosen Großgeneratoren für Atom-U-Boote, Großmotoren für die Petrochemie und Offshore-Ölgewinnung, explosionsgeschützte Motoren für den Kohlebergbau, und nun umweltfreundliche effiziente Kleinmotoren nach China." "Die Geschichte eines Misserfolges und verschleuderten österreichischen Technologieunternehmens."

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Vor zehn Jahren Kovats selbst noch etwas anderer Meinung

Kovats selbst hatte allerdings 2010 die Überlebenschancen des Motorenwerks in seinem Buch "Die Sowjets hatten recht" als gering angesehen und den mittelfristigen Abzug der Produktion vorausgesagt. Damals bezeichnete er die dortigen Lohnkosten als um wenigstens 50 Prozent zu hoch. Davor hatte es ein jahrelanges Ringen um einen Lohnverzicht der Belegschaft gegeben.

2005 hatte er eine geplante Investition über 50 Mio. Euro nicht in Spielberg getätigt, sondern in die Slowakei verlegt. Kovats stieg 2001 bei der ATB ein. 2011 wurde das Unternehmen von der Wolong-Gruppe übernommen. (apa/red)