Standort Österreich : Heimische E-Control greift Europas Regulatoren an

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Die Diskussion um eine Trennung des deutsch-österreichischen Strommarktes hat nun auch rechtliche Folgen. Die österreichische Regulierungsbehörde E-Control klagt die Agentur der europäischen Regulatoren ACER wegen ihres Vorschlags, den deutsch-österreichischen Strommarkt zu trennen. Am Montag sei eine Klage beim Europäischen Gericht (EuG) eingebracht worden, teilte die E-Control diese Woche mit. Am vergangenen Freitag habe man eine Beschwerde beim Beschwerdeausschuss von ACER eingebracht, über die innerhalb von zwei Monaten entschieden werden muss.

Die EU-Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden hat im September nach einer Beschwerde Polens rechtlich unverbindlich empfohlen, dass an der deutsch-österreichischen Grenze ein Engpass-Management eingeführt werden soll. Strom könnte dann nicht mehr unbegrenzt gehandelt werden, unterschiedliche Großhandelspreise in einzelnen Stunden wären dann möglich.

Die gemeinsame Stromhandelszone zwischen Österreich und Deutschland gibt es seit 2001. Der Erneuerbaren-Ausbau in Deutschland, vor allem der Windkraft im Norden, belastet die Netze und hat zu ungeplanten Stromflüssen etwa über Polen nach Süden geführt. Mehr zum Vorstoß der Acer und den Einschätzungen heimischer Manager zu den Auswirkungen einer Trennnung des Marktes hier.

Kein struktureller Netzengpass an der deutsch-österreichischen Grenze

Die ACER-Stellungnahme steht nach Ansicht der E-Control nicht im Einklang mit dem Rechtsrahmen und weist "gravierende sachliche wie prozedurale Mängel auf", meldet die E-Control. Es gebe entgegen den Ausführungen von ACER an der deutsch-österreichischen Grenze keinen strukturellen Netzengpass, sondern allenfalls innerhalb Deutschlands oder an der deutsch-polnischen Grenze "engpassbehaftete Netzelemente". Die Schaffung künstlicher Engpässe (Handelsbeschränkungen) zur Beseitigung innerstaatlicher Netzprobleme widerspreche einer EU-Verordnung sowie dem EU-Wettbewerbsrecht.

Eine Trennung der Preiszone würde erheblichen volkswirtschaftlichen Schaden in Österreich anrichten, aber kaum zur Lösung der netztechnischen Herausforderungen beitragen. Zur Entspannung der Netzsituation sei ein weiterer Ausbau der Übertragungsnetze nötig. Verbund-Generaldirektor Wolfgang Anzengruber hatte Mitte September erklärt, Strom würde sich durch eine Trennung für alle Kunden um rund 300 Mio. Euro bzw. 15 Prozent verteuern.

E-Control: Oberste Regulierungsbehörde lässt wichtige Aspekte weg

Die E-Control kritisiert, dass ACER mögliche Alternativen zur Trennung der Preiszone nicht ausreichend analysiert und gewürdigt habe. Zudem hätte ACER die Ergebnisse einer derzeit laufenden umfassenden Untersuchung zur technischen und wirtschaftlichen Effizienz von Preiszonen in Europa berücksichtigen sollen, die derzeit von der Vereinigung der europäischen Übertragungsnetzbetreiber ENTSO-E durchgeführt wird. ACER habe auf Basis einer stark eingeschränkten Datenbasis voreilig eine eigene Empfehlung abgegeben.

"Bevor man Märkte auseinanderreißt, sollte man alle anderen Alternativen eingehend bewerten", so das Zitat seitens der E-Control-Vorstände Walter Boltz und Martin Graf. Die E-Control geht davon aus, dass kritische Netzsituationen mittelfristig weiter mit Netzstabilisierungsmaßnahmen (Redispatch) gut beherrscht werden können, ohne dass auf künstliche Handelsbeschränkungen zurückgegriffen werden muss.

Applaus von der heimischen Energiewirtschaft

In der E-Wirtschaft wird der Schritt der E-Control positiv beurteilt. Der Branchenverband Oesterreichs Energie unterstütze den österreichischen Weg der Behörden und Marktteilnehmer, die sich gemeinsam dafür einsetzen, dass die Preiszone in vollem Umfang erhalten bleibt. Die gemeinsame Preiszone mit Deutschland sei wichtig für die Marktteilnehmer und die Stromkunden in Österreich, so eine Stellungnahme von Oesterreichs Energie. (apa/red)