Autoindustrie : Die Hintergründe zum Abgasskandal bei Mitsubishi

Eine Frage taucht seit Bekanntwerden des VW-Abgasskandals immer wieder auf: Ist VW ein Einzelfall oder betrügt die ganze Branche? Jetzt hat auch der japanische Autobauer Mitsubishi Manipulationen zugegeben. Kleinwagen für den japanischen Markt sollen mehr Sprit verbrauchen und damit auch mehr CO2 ausstoßen als vom Hersteller angegeben. Kommt jetzt das große Branchenbeben?

Gewiss ist das keineswegs. Auf den zweiten Blick wird klar, dass die Manipulationen bei VW eine ganz andere Qualität und Dimension haben als die geschönten Werte bei Mitsubishi, die jetzt bekannt wurden. Bei Mitsubishi geht es um 625.000 Autos, gerade einmal etwas mehr als fünf Prozent der Menge an Dieselwagen aus dem VW-Konzern, die zu viel Stickoxide in die Luft blasen.

Keine Betrugssoftware wie bei Volkswagen

So wie es sich darstellt, hat Mitsubishi auch keine Betrugssoftware in seine Autos eingebaut. Bei Tests auf dem Prüfstand sollen die Japaner die Reifen zu kräftig aufgepumpt haben, berichtet die japanische Nachrichtenagentur Kyodo. Dadurch verringert sich der Rollwiderstand und damit auch der Spritverbrauch und CO2-Ausstoß.

In Deutschland gehört es zur gängigen Praxis bei Abgastests, die Autos mit besonders viel Reifendruck auf den Prüfstand zu schicken. Bis zu 50 Prozent mehr Luft als vom Hersteller empfohlen dürfen beim Test ganz legal in die Reifen gepumpt werden, heißt es in der entsprechenden EU-Regelung.

Das sei ebenso wenig verboten wie spezielles Leichtlauföl, das den Motor sparsamer laufen lässt, erläutert Christian Buric vom ADAC. Auch Luftschlitze klebten Autobauer ab, um den Luftwiderstand zu verringern. "Wir sagen klar, dass das eigentlich rechtlich ausgeschlossen gehört", sagt Buric. Dennoch ist das auf deutschen Prüfständen Alltag.

Um fünf bis zehn Prozent sei der Benzinverbrauch bei den Japanern verbotenerweise gedrückt worden, räumte Mitsubishi-Chef Tetsuro Aikawa diese Woche in Tokio ein. Mit einer tiefen Verbeugung - wie in Japan üblich - entschuldigte er sich bei den Kunden und der Öffentlichkeit für die Manipulationen.

Seit Bekanntwerden des Abgas-Skandals muss sich die Branche immer wieder gegen Manipulationsvorwürfe wehren. Sprecher von Daimler und BMW beispielsweise betonen immer wieder: "Bei uns wird nicht manipuliert." Gegen die Stuttgarter laufen Klagen wegen einer Software, die bei niedrigen Temperaturen die Abgasnachbehandlung herunterregelt. Der Konzern hält die Vorwürfe für unbegründet.

Ganz ausgestanden ist die Krise für die Branche aber noch längst nicht. Zahlreiche Behörden stellen derzeit eigene Tests an. Die französische Regierung misst die Werte bei zahlreichen Autos nach, auch US-Behörden führen noch Tests durch.

Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) hatte im vergangenen Herbst Nachmessungen bei mehr als 50 Diesel-Modellen von Herstellern aus dem In- und Ausland begonnen. Die Ergebnisse sollen zunächst mit den Autobauern und anderen Behörden besprochen werden. Noch im April könnten sie veröffentlicht werden - laut "Spiegel" sind 56 von 58 Autos im Test auffällig.

Nach einem Bericht von "Süddeutsche Zeitung", WDR und NDR ergaben die Messungen, dass Konzerne ihre Motoren so konstruiert haben, dass der Schadstoff Stickoxid bei niedrigen Temperaturen ungefiltert in die Luft geblasen wird. Die gesetzlichen Stickoxid-Grenzwerte würden bei vielen der mehr als 50 getesteten Fahrzeugmodelle teilweise um ein Vielfaches überschritten.

Die Manipulationen über die in VW-Fahrzeugen versteckten Software aber scheinen derzeit eine eigene Liga darzustellen. So mussten zwar auch schon einmal der südkoreanische Autobauer Hyundai und seine Schwester Kia Motors wegen falscher Verbrauchsangaben 100 Mio. Dollar (88 Mio. Euro) Strafe zahlen.

Die US-Umweltbehörde EPA hatte 2012 bei Tests herausgefunden, dass einzelne Modelle beider Autobauer mehr Sprit verbrauchen als versprochen. Beide Unternehmen akzeptierten die Strafe, die bis dato höchste unter dem Emissionsschutzgesetz. Doch bei Volkswagen drohen derzeit Kosten in zweistelliger Milliardenhöhe.

(Von Felix Frieler, dpa-AFX und Heiko Lossie, dpa / APA / red)