Autoindustrie : Daimler-Chef Zetsche erwartet keine Bremsspur wegen Brexit

Der Pkw-Markt in Europa wird nach Einschätzung von Daimler-Chef Dieter Zetsche in diesem Jahr nicht unter dem bevorstehenden EU-Austritt Großbritanniens leiden. "Wir haben in dem kurzen Zeitraum seit der Brexit-Abstimmung keine nennenswerte Auswirkung auf die Nachfrage nach unseren Produkten", sagte Zetsche.

Auch für den Rest des Jahres erwarte er keinen Brexit-Effekt auf die Pkw-Nachfrage in Europa. Auch die Konjunktur in Europa werde vermutlich kaum gebremst. Für den Autobauer aus Stuttgart ist Großbritannien nach Deutschland der zweitwichtigste Einzelmarkt in Europa. Mit zweistelligen Wachstumsraten tragen die Verkäufe dort zum Absatzrekord von Mercedes-Benz bei.

Analysten erwarten allerdings einen Einbruch der Autonachfrage im kommenden Jahr, wenn das Pfund dauerhaft schwach bleibt und die Fahrzeuge vom europäischen Festland damit deutlich teurer werden könnten. Doch auch die Befürchtung, alle Autohersteller könnten unter dem Diesel-Skandal bei Volkswagen leiden, hat sich bisher nicht bestätigt. "Der Anteil an Neufahrzeugen in Europa mit Diesel ist seit September auf den Prozentpunkt genau unverändert", sagte Zetsche.

Daimler verbucht ein gutes zweites Quartal

Daimler hat im zweiten Quartal seinen schwachen Jahresauftakt zum Teil ausgebügelt. Das bereinigte Vorsteuerergebnis (Ebit) stieg um sechs Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal auf knapp vier Mrd. Euro. Im Halbjahr liegt der Konzern damit nur noch ein Prozent unter dem Vorjahresstand. Für 2016 hat sich Daimler eine Steigerung von 2,5 bis zehn Prozent vorgenommen. "Wir wachsen weiter profitabel und sind gut unterwegs, unsere Prognosen für das laufende Jahr zu erreichen", erklärte Finanzchef Bodo Uebber.

Allerdings wurde das operative Geschäft von etlichen Sonderfaktoren belastet, die sich auf 715 Mio. Euro summierten. Dazu gehörten neben den Kosten für Rückrufe potenziell gefährlicher Airbags des japanischen Zulieferers Takata auch erneute Rückstellungen für die Kartellstrafe der EU.

Diese hatte diese Wochedie europäischen Lkw-Hersteller wegen Preisabsprachen zu einer Rekordstrafe von fast drei Mrd. Euro verdonnert. Von dieser entfiel gut eine Milliarde auf den Lkw-Weltmarktführer Daimler. Unbereinigt sackte der Vorsteuergewinn um zwölf Prozent auf 32,5 Mrd. Euro ab, obwohl der Umsatz um drei Prozent auf 38 Mrd. Euro kletterte.

In der Pkw-Sparte brach der operative Gewinn um mehr als ein Drittel ein auf 1,4 Mrd. Euro, obwohl der Absatz einen Rekordstand von gut 546.000 Fahrzeugen erklomm und auch der Umsatz stieg. Das lag zum einen daran, dass Mercedes-Benz mehr Kompaktwagen mit vergleichsweise niedriger Rendite und weniger Exemplare der hochprofitablen, aber in die Jahre gekommenen Luxuslimousine S-Klasse verkaufte.

E-Klasse soll die Kassen klingeln lassen

Zudem fallen für die Markteinführung der neuen E-Klasse, einem wichtigen Gewinnbringer, Anlaufkosten an. Auch investieren die Schwaben viel in die für die kommenden Jahre geplanten Elektroautos. Das Ausrollen der E-Klasse soll jedoch bald die Kasse klingeln lassen. "Das zweite Halbjahr wird deutlich besser als das erste", sagte Zetsche. Und mit zehn neuen oder neu aufgelegten Modellen im kommenden Jahr soll der Absatz weiter wachsen.

Im zehnten Jahr an der Daimler-Spitze kann Zetsche bald sein Hauptziel, die Rückkehr von Mercedes auf den Thron des größten Premiumherstellers, erreichen. BMW hatte Mercedes 2005 vom ersten Platz verdrängt, Audi überholte dann 2011. Im vergangenen Jahr schob sich die Marke mit dem Stern bereits auf Platz zwei. Im ersten Halbjahr lagen die Schwaben mit etwas über einer Million Auslieferungen dann vor den Rivalen. "Ich erwarte deshalb, dass Mercedes auch im Gesamtjahr die Nase vorn behalten wird", sagte Christian Ludwig, Analyst von Bankhaus Lampe. "Grund ist vor allem die Modellpalette - Daimler hat noch immer viel jüngere Modelle als Audi und BMW." (APA/Reuters/red)