Öl und Gas : Brigitte Ederer warnt vor Zerschlagung der OMV durch Gazprom

Die frühere SPÖ-Politikerin, ÖIAG-Aufsichtsrätin und nunmehrige ÖBB-Aufsichtsratschefin Brigitte Ederer bekräftigt in einem Zeitungsinterview ihre Warnung vor einem schleichenden Ausverkauf des teilstaatlichen Energiekonzerns OMV an die russische Gazprom. Die Gefahr, dass die OMV auf kaltem Wege privatisiert werde, habe sich aktuell verstärkt, sagt Ederer in einem Interview mit dem "Standard".

Schon als seinerzeitige ÖIAG-Aufseherin hatte sie es befürchtet und behalte nun recht: "Das Öl- und Gasgeschäft der OMV wird immer mehr an die russische Gazprom gehen, und die sehr erfolgreiche Borealis-Beteiligung wandert an Abu Dhabi. Für beides gibt es keine sachlichen Gründe: Russland hat großes Interesse, in Westeuropa Fuß zu fassen. Da ist es nicht notwendig, ihnen eine österreichische Beteiligung noch nachzuschmeißen." In Abu Dhabi wiederum sitzt der Staatsfonds IPIC, mit dem die neue staatliche Anteilsverwalterin ÖBIB wie ihre Vorgängerin ÖIAG bei der OMV syndiziert ist.

Ähnlichkeiten mit Ausverkauf der Telekom Austria

Ederer fürchtet, "dass das Öl- und Gasgeschäft a la longue an die Russen geht, der Chemiezweig mit Borealis als Ausgleich zur Gänze an den Staatsfonds von Abu Dhabi". Dabei fühlt sie sich an Vorgänge bei der Telekom Austria erinnert, als der mexikanische Telekomriese America Movil mehrheitlich einstieg. Mehr dazu in unserer Meldung von 2014: Die Telekom Austria kann das Wort "Austria" aus ihrem Namen streichen - der mexikanische Mogul Carlos Slim hat die Mehrheit und die Kontrolle übernommen. Die OMV ist allerdings Österreichs größter Industriekonzern, das größte börsenotierte heimische Unternehmen und eines der größten Europas.

Weiters sagte Eders, sie mache sich "große Sorgen" um die OMV. Es stelle sich die Frage, ob die OMV die angedachte Minderheitsbeteiligung an einem Erdgasfeld in Sibirien brauche. "Russland hat jedes Interesse, nach Westeuropa zu liefern. Tatsache ist aber, die OMV will sich zu knapp 25 Prozent in einem Gasfeld in Westsibirien einkaufen. Das will oder kann man aber nicht bar bezahlen, also soll es zu einem Asset-Deal mit österreichischen Vermögenswerten kommen. Ich weiß nicht, wie wertvoll dieses Gasfeld ist, die Bewertung erfolgt ja geheim. Der Öffentlichkeit ist diese Information leider nicht zugänglich", kritisiert Ederer.

Es geht um das Vermögen der Republik - und strategische Interessen Österreichs

Es gehe nicht um das Privatvermögen des OMV-Chefs Rainer Seele, "sondern um strategische Interessen der Republik", sagt Ederer. Man wisse aber vieles nur vom Hörensagen, "es herrscht große Geheimhaltung". An einer möglichen gemeinsamen Tochtergesellschaft wäre Gazprom Ederer zufolge auf jeden Fall beteiligt, "während der OMV-Anteil unter 25 Prozent läge. Und das eigentliche Problem ist aus meiner Sicht, dass Gazprom der alleinige Abnehmer wäre, und das zu Inlandspreisen. Die Preisgestaltung entscheidet dann allein Gazprom als De-facto-Monopolist."

Deals hinter verschlossenen Türen

Nun würde sie sich wünschen, dass der Finanzminister den möglichen Deal verhindert, "auch wenn das schwierig erscheint". Da es keinen Privatisierungsauftrag gebe, passiere "das alles über die Hintertür, über Eigentumstausch. Dem Finanzminister wird versprochen, es gibt weiter Geld fürs Budget."

SPÖ-Industriesprecher: Deal wie bei der Telekom dürfe sich nicht wiederholen

Unterstützung bekommt Brigitte Ederer von Rainer Wimmer. Der SPÖ-Industriesprecher plädiert im Hinblick auf die OMV dafür, dass sich in der österreichischen Industriegeschichte "so etwas wie die Telekom nicht wiederholen darf". Wimmer verweist auf den Verkauf von Anteilen der Republik an der Telekom Austria an den Konzern America Movil des mexikanischen Milliardärs Carlos Slim. Seither kritisieren Gegner dieses Deals den Ausverkauf wichtiger Vermögenswerte der Republik, eine Zurückdrängung der öffentlichen Mitbestimmung und die Vernichtung von vielen Arbeitsplätzen.

Der Ausverkauf der Telekom Austria sei "in völliger Intransparenz verhandelt" worden und werde "bis heute vor der Öffentlichkeit geheim gehalten", so Wimmer. Heute bekannt sei lediglich, dass die industrielle Führerschaft an einem wichtigen österreichischen Infrastrukturunternehmen verspielt worden sei. Die Telekominfrastruktur Österreichs sei inzwischen zu einem hohen Anteil in mexikanischer Hand.

Zum geplanten Vermögenstausch zwischen der OMV und Gazprom sagt Wimmer, die einzige Raffinerie Österreichs in Schwechat oder das rund 900 Kilometer lange Erdgas-Hochdruckleitungsnetz der Gas Connect Austria seien von zentraler strategischer Bedeutung für den Standort. Daher fordert der Industriesprecher "vom Finanzminister ein klares Bekenntnis zur OMV und zu deren Auftrag, die Versorgungssicherheit zu garantieren." Die ÖBIB sei ein Instrument der Industriepolitik und nicht der Budgetpolitik - systemrelevante Infrastruktur dürfe nicht ins Ausland verkauft werden, so Wimmer weiter.

Die zuletzt geäußerte Kritik von Brigitte Ederer sei zu unterstützen, so Wimmer. Hier gehe es um die Zukunft eines der wichtigsten Industrieunternehmen Österreichs und tausender Arbeitsplätze. Der OMV-Generaldirektor Seele solle die Öffentlichkeit über die Verhandlungen informieren. (red/apa)